Neuer Impfansatz gegen chronische Infektionen

München, 14.04.2013. Ein Wissenschaftlerteam des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung unter Beteiligung der Universität Bonn, der TU München und des Helmholtz Zentrums München hat einen Mechanismus entschlüsselt, der nun eine therapeutische Impfung gegen chronische Infektionen möglich macht. Viele chronische Infektionen, die über langanhaltende Entzündungsvorgänge zu Organschäden führen können, ließen sich bisher noch nicht im Nachhinein mit einer Impfung behandeln. Die Ergebnisse werden in der aktuellen Ausgabe von „Nature Immunology“ vorgestellt (DOI: 10.1038/ni.2573).

Mit der Entdeckung und Entwicklung der Impfung gelang es der Medizin, infektiöse Krankheitserreger zu bekämpfen. „Der Nachteil ist jedoch, dass die Impfung prophylaktisch erfolgen muss, also bevor der Erstkontakt mit dem Erreger stattfindet“, sagt Professor Dr. Percy Knolle, bisher Direktor des Instituts für Molekulare Medizin der Uni Bonn, jetzt Direktor des Instituts für Molekulare Immunologie der Technischen Universität München. Ein Impfschutz im Nachhinein ist deshalb auch für die verbreiteten chronischen Infektionen mit Hepatitis-Viren nicht möglich. Dabei können sich diese Infektionen zu einer chronischen Leberentzündung mit Organschäden weiterentwickeln und schließlich in eine gefährliche Leberzirrhose oder Leberkrebs münden.

Die Wissenschaftler der Uni Bonn haben mit ihren Kollegen von der TU München und dem Helmholtz Zentrum München sowie weiteren nationalen und internationalen Instituten nun in Tiermodellen eine vielversprechende Entdeckung gemacht. „Wir haben ein neues Impfprinzip gefunden, mit dem auch chronische Infektionen bekämpft werden können“, berichtet Knolle. Das internationale Forscherteam hat die Leber als Ort entdeckt, in dem sich die ursprünglich im Lymphknoten aktivierten T-Zellen rasant vermehren können. Diese Immunzellen richten sich dann auch gegen bereits lang bestehende chronische Infektionen. „Das ist ein essentieller Schritt, um chronische Infektionserkrankungen wie die Hepatitis B behandeln zu können“, sagt Professor Ulrike Protzer. „In vielen kleinen Räumen in der Leber, die von einer besonderen Population von Immunzellen gebildet werden, werden binnen kürzester Zeit aus einer T Zelle rund 100 weitere Zellen produziert“, ergänzt Professor Mathias Heikenwälder, beide vom Institut für Virologie an der TU München und am Helmholtz Zentrum München. Diese außergewöhnliche Vermehrung der T Zellen in der Leber ist die Basis für die Effizienz der therapeutischen Impfstrategie der Wissenschaftler.

„Wir haben hier ein immunologisches Grundprinzip gefunden, das sich auf verschiedene Anwendungsgebiete übertragen lässt“, resümiert Knolle. Mit dem entschlüsselten Signalweg könnten sich künftig erfolgreiche therapeutische Impfungen gegen die häufigen chronischen Infektionen durch Hepatitis-Viren oder Malaria-Parasiten aber möglicherweise auch gegen Leberkrebs durchführen lassen. Die Durchführung klinischer Studien wird allerdings erst möglich sein, wenn weitere vorbereitende Untersuchungen abgeschlossen sein werden.

Original-Publikation

Huang LR, Wohlleber D, Reisinger F, Jenne CN, Cheng RL, Abdullah Z, Schildberg FA, Odenthal M, Dienes HP, van Rooijen N, Schmitt E, Garbi N, Croft M, Kurts C, Kubes P, Protzer U, Heikenwalder M* & Knolle PA*. Intrahepatic myeloid cell-aggregates enable local CD8+ T cell expansion and successful immunotherapy against chronic viral liver infection, „Nature Immunology“ 2013, DOI: 10.1038/ni.2573

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