MERS-Coronaviren: Besteht ein Risiko für die Bevölkerung?

In Osnabrück ist vor zehn Tagen ein Patient gestorben, der sich in Abu Dhabi mit dem gefährlichen MERS-Coronavirus infiziert hat. Viele Menschen befürchten eine Ausbreitung des Erregers, der schwere Lungenentzündungen auslösen kann. Ein Experte am Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) bewertet die Situation.

„Medienmeldungen, die diesen Fall von MERS in einen zeitlichen Zusammenhang mit dem Ausbruch in Korea stellen, sind irreführend“, erklärt der DZIF-Wissenschaftler Christian Drosten, Universität Bonn. "Der Patient, über dessen bedauerlichen Tod nun berichtet wird, hat sich bereits im Februar mit MERS infiziert und hatte seine Infektion überstanden. Es geht von diesem Fall keine Infektionsgefahr aus." Auch zu der Zeit, als der Patient akut erkrankt war, hätten die zuständigen Behörden hervorragend daran gearbeitet, jede Gefahr von der Bevölkerung abzuwenden.

Auch Meldungen, wonach Deutschland nun den ersten MERS-Todesfall zu verzeichnen habe, seien falsch: „Bereits 2013 ist in Deutschland ein Patient an MERS verstorben, und zwar in München. Ein weiterer Patient, der 2012 in Essen behandelt wurde, hat seine Infektion überlebt", so Drosten.

Wie wird es weitergehen mit MERS? Drosten dazu: „Ich hatte als Mitglied des Beraterkreises der Weltgesundheitsorganisation bereits ganz früh die Gelegenheit, die Gensequenz des in Korea zirkulierenden Virus zu begutachten, und sehe keinen Anlass zu einer Neueinschätzung der Gefahrenlage. Ich bin zuversichtlich, dass die koreanischen Behörden diesen Ausbruch stoppen werden. Allerdings muss man sich klar machen, dass es immer wieder zu solchen eingeschleppten Fällen kommen kann. MERS wird uns noch lange Zeit beschäftigen", ist sich Drosten sicher.

Hintergrund
Am DZIF wurden mit dem Schwerpunkt „Neu auftretende Infektionskrankheiten“ beste Voraussetzungen geschaffen, um bei Ausbrüchen neuer Viren schnell Diagnostika und Impfstoffe zu entwickeln und eine weitere Ausbreitung zu verhindern. Nach der Entdeckung des MERS-Coronavirus 2012 konnten die Bonner Forscher um Christian Drosten den weltweit verwendeten Standardtest zum Nachweis des MERS-Erregers entwickeln. Der Münchner Virologe Prof. Gerd Sutter generierte im DZIF bereits einen Impfstoffkandidaten, für den am DZIF eine klinische Studie vorbereitet wird. Bisher gibt es keinen Impfstoff gegen die MERS-Coronaviren.

MERS-Coronaviren
Seit das MERS-Coronavirus 2012 erstmals als neues, gefährliches Virus in Saudi-Arabien entdeckt wurde, beunruhigt es die Öffentlichkeit. Es verursacht schwere Krankheitsverläufe mit Atemnot und Lungenentzündung, die zum Tode führen können. Derzeit geht man davon aus, dass Dromedare ein Reservoir für den Erreger bilden.

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