Schwangerschaft begünstigt neue, hochpathogene Grippevirus-Varianten
Die Immunantwort während der Schwangerschaft führt zu schweren Krankheitsverläufen von H1N1-Grippeviren und begünstigt zudem die Entstehung neuer, hoch-virulenter Stämme. Zu diesen Ergebnissen gelangt eine kooperative Studie, die u. a. vom DZIF gefördert wurde und nun im Fachjournal „Cell Host & Microbe“ erschienen ist.
Aus Sicht des Immunsystems stellt eine Schwangerschaft eine einzigartige Situation dar, denn der Fötus trägt zur Hälfte auch väterliche Antigene. „Das mütterliche Immunsystem reagiert mit einer gezielten Immuntoleranz, um sicherzugehen, dass der Fötus nicht wie ein Transplantat abgestoßen wird“, erklärt Prof. Petra Arck vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. „Bei einer Grippevirus-Infektion ist dagegen eine schnelle Immunantwort notwendig, um sich gegen die Viren zur Wehr zu setzen“ ergänzt Prof. Gülsah Gabriel, Heinrich-Pette-Institut. Aufgrund dieser entgegengesetzten immunologischen Anforderungen sind schwangere Frauen die größte Risiko-Gruppe für schwere, teilweise tödliche Grippeverläufe. Über die genauen Ursachen dafür liegen bisher jedoch nur wenige Erkenntnisse vor.
In dieser Studie ist es den Teams um Gabriel und Arck nun gelungen, die Vorgänge im Immunsystem bei einer Infektion mit dem Grippevirus pH1N1 während einer Schwangerschaft genauer zu charakterisieren. Mithilfe eines Mausmodells konnte gezeigt werden, dass die anti-virale Immunantwort in trächtigen Muttertieren deutlich abgeschwächt ist und die Infektion sehr viel schwerer verläuft als bei den nicht-trächtigen Tieren. Zudem ist es gelungen, die Bildung neuer, hochvirulenter Grippevirus-Varianten in den trächtigen Tieren nachzuweisen.
„Unsere Ergebnisse zeigen eindrucksvoll, wie wichtig es ist, dass sich gerade schwangere Frauen mit einer Impfung vor Grippeinfektionen schützen. Zudem können die Erkenntnisse aber auch die Grundlage für neue therapeutische Ansätze liefern“, erklärt Prof. Gülsah Gabriel, Leiterin der HPI-Forschungsgruppe „Virale Zoonosen und Adaptation“. Gefördert wurde die Forschungsarbeit mit Mitteln des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF), dem Fonds National de la Recherche Luxembourg. Weiterhin ist die Studie in die durch die Deutsche Forschungsgesellschaft geförderte Klinische Forschergruppe 296 zum Thema “Feto-Maternale Immunität” eingebettet, welche Frau Prof. Arck als Sprecherin vertritt.