Bakterielle Interferenz
Fabian Greins Arbeitsgruppe „Bakterielle Interferenz“ nutzt das menschliche Darmmikrobiom als Quelle für neuartige Dekolonisierungsmittel gegen enteropathogene Bakterien wie beispielsweise Vancomycin-resistente Enterokokken. Zu diesem Zweck verwenden die Forschenden spezielle Techniken, die die Kultivierung einer großen Anzahl verschiedener, streng anaerober und oft anspruchsvoller Darmspezies ermöglichen, um sie auf ihre dekolonisierenden Eigenschaften zu testen. Darüber hinaus hat die Arbeitsgruppe ein In-vitro-Darmmodell als präklinisches Testsystem entwickelt, um verschiedene Dekolonisierungsstrategien vor dem Hintergrund einer mikrobiellen Gemeinschaft zu validieren. Ziel der Wissenschaftler:innen um Fabian Grein ist, hochselektive und effiziente Methoden zu finden, mit denen pathogene Bakterien gezielt aus dem menschlichen Darm entfernt werden, bevor diese eine Infektion verursachen können.
Der menschliche Darm ist mit Tausenden verschiedener Mikrobenarten besiedelt, die in dieser Umgebung in antagonistischer, mutualistischer oder sogar symbiotischer Weise koexistieren. Während die Koevolution überwiegend zu einer kommensalen und eher positiven Beziehung zwischen Mikroben und ihrem Wirt geführt hat, können sich auch pathogene Bakterien in der Darmgemeinschaft ansiedeln. Diese Darmerkrankungen auslösende Bakterien werden unter dem Begriff "Enteropathogene" zusammengefasst.
In den meisten Fällen sorgt das fein abgestimmte Netzwerk von Mikroben-Mikroben-Wirt-Interaktionen dafür, dass diese Enteropathogene in Schach gehalten werden. Ein dysbiotisches Ereignis kann jedoch zu einer Störung dieses Gleichgewichts und damit zu schweren und sogar lebensbedrohlichen Infektionen führen. Um eine Dysbiose – also ein Ungleichgewicht innerhalb der Darmflora – zu verhindern, ist die vorherige Dekolonisierung eines Enteropathogens eine vielversprechende Strategie. Die derzeitigen experimentellen Dekolonisierungsstrategien basieren jedoch häufig auf Breitspektrum-Antibiotika, die nicht nur auf den pathogenen Zielorganismus, sondern auch auf wichtige kommensale Mikroben wirken. Darüber hinaus bergen diese Strategien das Risiko, dass arzneimittelresistente Erreger selektiert werden.
Daher ist die Suche nach hochspezifischen Dekolonisierungsstrategien unerlässlich. Als eines der komplexesten mikrobiellen Ökosysteme ist das Darmmikrobiom eine vielversprechende und auch bereits evolutionär angepasste Ressource für neuartige und vermutlich spezifische Wirkstoffe mit dekolonisierenden Eigenschaften. Dementsprechend sucht die DZIF-Arbeitsgruppe "Bakterielle Interferenz" im menschlichen Darmmikrobiom nach neuartigen Wirkstoffen mit einem sehr engen Wirkungsspektrum oder metabolischen Konkurrenten von Enteropathogenen.
Die identifizierten Kandidaten werden im dazu entwickelten In-vitro-Darmmodell validiert, um Wirkstoffe zu identifizieren, die zu hochselektiven Dekolonisierungsprodukten entwickelt werden können. Die Anwendung solcher Produkte bietet nicht nur die Chance, die Häufigkeit von Infektionen zu verringern, sondern kann auch die Nutzungsdauer von wichtigen Reserveantibiotika verlängern.