Call for Action des Deutschen Netzwerks gegen Antimikrobielle Resistenzen (DNAMR)

Anlässlich der AMR Awareness Week fordert das DNAMR dringend die Einführung von Marktanreizen, um die Entwicklung von Antibiotika zu befördern.

© DNAMR und CDC/Meredith Newlove

„Wir steuern sehenden Auges auf eine Krise zu. Bald werden wir keine Antibiotika mehr haben, um lebensnotwendige Operationen durchführen zu können“, sagt Dr. Timo Jäger, Geschäftsführer des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) und Sprecher des Deutschen Netzwerks gegen Antimikrobielle Resistenzen (DNAMR). Um die Dringlichkeit eines gemeinsamen Handelns zu adressieren, hat das DNAMR einen „Call for Action“ formuliert, der sich an die relevanten Akteure in den Ministerien und im Bundestag richtet.

Die sechs Empfehlungen für Sofortmaßnahmen lauten:

  1. Schnellstmögliche    Einführung    von    wirksamen    Marktanreizen    für    die Entwicklung neuer, resistenzbrechender Antibiotika
    Auch wenn resistenzbrechende Reserveantibiotika nur dann eingesetzt werden sollen, wenn die Standardbehandlung für eine Infektion aufgrund von Resistenzen nicht wirksam ist, muss ihre Entwicklung, Produktion und Bereitstellung für Investoren wirtschaftlich sinnvoll sein. Daher sind Refinanzierungsinstrumente, sogenannte Pull-Mechanismen, notwendig; die Kosten solcher Marktanreizsysteme sind langfristig wesentlich niedriger als die Kosten fehlender Antibiotika für Gesundheitssysteme und Gesellschaft. Ein in der EU umsetzbarer Marktanreiz-Mechanismus ist die „übertragbare Exklusivitätsverlängerung“, bei der der nötige Mehrumsatz mit anderen Medikamenten ermöglicht wird.
     
  2. Vergütung des Einsatzes von Reserveantibiotika im stationären Bereich
    Bislang wird der Einsatz von Reserveantibiotika in Krankenhäusern nur unzulänglich geregelt. Da nur die Kosten für Standardantibiotika erstattet werden, könnten Krankenhäuser sich veranlasst sehen, die teuren Reserveantibiotika nicht zur Behandlung einzusetzen, obwohl dies therapeutisch geboten wäre.
     
  3. Einführung einer Brückenfinanzierung für kleinste, kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die derzeit in der Entwicklung von Antibiotika tätig sind
    Die derzeit sehr überschaubare Entwicklungspipeline von Reserveantibiotika besteht fast ausschließlich aus Projekten, die von kleinen und kleinsten Unternehmen vorangetrieben werden. Diese sollten finanziell unterstützt werden, um ihr wirtschaftliches Überleben und damit die Finanzierung der Projekte bis zur Etablierung eines Marktmechanismus zu sichern.
     
  4. Aktiver Dialog der Politik mit allen Beteiligten zur Erforschung und Entwicklung neuer Antibiotika
    Das DNAMR sucht kontinuierlich den Dialog mit den zuständigen Ministerien und der Politik, dieser verläuft jedoch schleppend. Eine Entscheidung der EU über die Einführung eines Marktanreizmechanismus wird erst in einigen Jahren erfolgen. Es bedarf aber einerseits des politischen Willens zum Handeln und andererseits einer sinnvollen Ausgestaltung eines Marktanreizmechanismus, damit dieser auch tatsächlich greift und mehr Unternehmen in die Entwicklung neuer Antibiotika einsteigen.
     
  5. Weiterführung bisheriger Bemühungen bei der Forschungsförderung
    Deutschland leistet bereits wichtige Beiträge im Bereich der Forschungsförderung, unter anderem durch die finanzielle Unterstützung von Forschungsaktivitäten. Das DNAMR wirbt dafür, dass Deutschland bei der EU-Kommission, bei anderen EU-Mitgliedsländern und darüber hinaus auf die Notwendigkeit der Förderung von Grundlagenforschung hinweist und auf eine stärkere Beteiligung anderer Länder drängt.
     
  6. Ernennung einer/eines nationalen Beauftragte/n für Antimikrobielle Resistenzen nach dem Vorbild Großbritanniens und Schwedens
    Die Einsetzung einer Persönlichkeit, die alle nötigen Maßnahmen zur Lösung des Problems begleitet und voranbringt, wäre ein gutes und wichtiges Signal an alle Beteiligten, dass die Dringlichkeit der Aufgabe auch in Deutschland erkannt wurde und nunmehr alle erforderlichen Maßnahmen zu ihrer Bewältigung ergriffen werden.

Mit diesem „Call for Action“ hofft das DNAMR, die Politik aufrütteln zu können. Es gilt, Forschungsförderung (Push) mit Marktanreizen (Pull) zu verknüpfen und Grundlagen- und klinische Forschung sowie die Medikamentenentwicklung zu stärken.

Den vollen Wortlaut des „Call for Action“ mit ergänzenden Informationen finden Sie hier. Wir würden uns freuen, wenn auch Sie die Dringlichkeit der Situation erkennen und darüber berichten.

Bei weiteren Fragen und auch Interviewanfragen wenden Sie sich bitte per Mail an das DNAMR.

Quelle: Meldung des Deutschen Netzwerks gegen Antimikrobielle Resistenzen (DNAMR)

Mitglieder des DNAMR
Das DNAMR ist ein freiwilliger Zusammenschluss von Organisationen, Institutionen, Unternehmen, juristischen und natürlichen Personen, die sich für die Entwicklung von neuen, resistenzbrechenden Antibiotika einsetzen. Vertreterinnen und Vertreter kommen von der BEAM-Alliance (Biotech companies from Europe innovating Anti-Microbial resistance research), vom Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF), dem Global AMR R&D Hub, der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie (DGI), der Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Infektionstherapie e.V. (PEG), dem Verband forschender Pharma-Unternehmen (vfa) und vom Zentrum für Sepsis und Infektionsforschung, Universitätsklinikum Jena.
https://dnamr.de/