Hepcludex: Erstes Medikament für Hepatitis D zugelassen

DZIF-Professor Stephan Urban hat das erste Medikament gegen Hepatitis D maßgeblich entwickelt.

© Universitätsklinikum Heidelberg

Am Universitätsklinikum Heidelberg entwickelten DZIF-Professor Stephan Urban und sein Team das erste Medikament für Hepatitis D. Eine heilende Behandlung gab es bisher nicht, die Zahlen der chronisch Infizierten sind hoch. Der Wirkstoff, der den Eintritt des Hepatitis B- und des Hepatitis-D-Virus in die Leberzelle blockiert, wurde am 31. Juli 2020 als Medikament mit dem Handelsnamen Hepcludex von der Europäischen Kommission zugelassen, zunächst für Hepatitis D. Die Einsatzmöglichkeiten für Hepatitis B werden noch geprüft. 

„Die Entwicklung des Wirkstoffs ist ein Musterbeispiel für eine erfolgreiche Translation vom Labor in die klinische Anwendung.“
Hans-Georg Kräusslich
Prof. Dr. Hans-Georg Kräusslich
Vorstandsvorsitzender DZIF

Hintergrund

Vor 25 Jahren entdeckte Stephan Urban den Mechanismus, mit dem das Hepatitis-B-Virus an die Leberzelle andockt. Das für den Eintritt des Virus in die Zelle entscheidende Peptid konnte er in jahrelanger Entwicklungsarbeit zu einem Medikament entwickeln, das nun zunächst Hepatitis D-Patienten zugute kommt. Hepatitis D tritt nur gemeinsam mit der B-Form auf und kann noch schneller zu Leberzirrhose und Leberkrebs führen, als es bei einer alleinigen HBV-Infektion der Fall ist. Etwa 25 Millionen Menschen sind davon weltweit betroffen.

Entwicklung 

Hepcludex (Wirkstoffname Bulevirtide) blockiert den Gallensalztransporter NTCP (gelb), den die Virionen (orange) als Eintrittspforten in die Leberzellen nutzen.

© Universitätsklinikum Heidelberg

Seit 2014 nahm Stephan Urban, mittlerweile DZIF-Professor am Uniklinikum Heidelberg, die Anwendung des Wirkstoffs, damals noch Myrcludex genannt, in den Fokus. Mit den notwendigen Tests im Tierlabor begann die Zusammenarbeit mit dem DZIF-Team um Maura Dandri. Ihr war es an der Uniklinik Hamburg-Eppendorf gelungen, in Mäusen menschliche Leberzellen wachsen zu lassen. Auch in diesen Mäusen konnte das Peptid die Infektion verhindern. Der Weg für klinische Prüfungen war geebnet.

In mehreren klinischen Phase-I- und II-Studien konnten die Verträglichkeit und die Effizienz des Wirkstoffs gezeigt werden. Phase-II-Studien konnten parallel zur DZIF-geförderten Phase-I-Studie vom Lizenznehmer und DZIF-Vertragspartner MYR Pharmaceuticals GmbH in Russland durchgeführt werden. Dort ist Myrcludex seit November 2019 zugelassen. Aktuell wird eine Phase III-Studie durchgeführt, die unter anderem die Langzeitwirkung von Hepcludex untersucht. Die Wissenschaftler wollen außerdem prüfen, ob die Kombination von Hepcludex mit einem Immunmodulator auch bei Hepatitis-B-Patienten ohne HDV-Coinfektion helfen kann.

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