Schwere Verläufe verhindern: neue Antikörper gegen Hepatitis E

Die Erstautorin und ehemalige Stipendiatin der DZIF Academy Katja Dinkelborg im Labor.

© TWINCORE/Grabowski

Infektionen mit dem Hepatitis-E-Virus bleiben oft unbemerkt, weil sie keine Symptome verursachen. Bei Menschen mit geschwächtem Immunsystem oder Lebervorschädigung und auch bei Schwangeren kann das Virus jedoch zu schweren, potenziell lebensbedrohlichen Leberentzündungen führen. Trotz bestehender Therapieansätze gibt es bislang keine zugelassenen spezifischen Behandlungsmöglichkeiten. Forschende des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) an der Universität zu Lübeck, des TWINCORE, Zentrum für Experimentelle und Klinische Infektionsforschung in Hannover und des Universitätsklinikums Heidelberg haben neutralisierende Antikörper identifiziert, die therapeutisch eingesetzt werden könnten, um schwere Verläufe zu verhindern. Die Ergebnisse dieser Forschungsarbeit, an der weitere Institutionen und Wissenschaftler:innen beteiligt waren, wurden in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO schätzt, dass weltweit jährlich etwa 20 Millionen Menschen mit dem Hepatitis-E-Virus (HEV) infiziert sind. Die meisten Fälle verlaufen asymptomatisch, doch bei etwa 3,3 Millionen Infizierten entwickelt sich eine symptomatische Erkrankung, die in schweren Fällen zu Fibrose oder Leberzirrhose führen kann. Laut WHO starben allein im Jahr 2015 weltweit rund 44.000 Menschen an den Folgen einer HEV-Infektion. In Deutschland infizieren sich jährlich schätzungsweise 400.000 Menschen, für einige Risikogruppen wie Organtransplantierte oder Lebergeschädigte besteht dabei eine erhöhte Gefahr eines schweren Krankheitsverlaufs.

„Auf der Suche nach neuen Therapieoptionen haben wir untersucht, welche Antikörper gegen das Hepatitis-E-Virus bei Menschen gebildet werden, die die Infektion überstanden haben“, sagt DZIF-Wissenschaftler Dr. Patrick Behrendt, Leiter der Klinischen Nachwuchsgruppe „Translationale Virologie“ am TWINCORE und Oberarzt an der Klinik für Gastroenterologie der Medizinischen Hochschule Hannover. Dazu isolierten sie aus dem Blut der geheilten Patienten sogenannte Gedächtnis-B-Zellen. Das sind Immunzellen, die Antikörper produzieren. „Bei der genaueren Charakterisierung stellten wir zunächst fest, dass sich viele der Antikörper gegen das HEV-Kapsid richteten.“ Dieses Protein ist ein Baustein des Virus, der in infektiösen Partikeln die Erbinformation umhüllt. Es kommt aber auch als lösliches Protein frei im Blut von Patienten vor. „Damit lenkt HEV die Immunreaktion gewissermaßen von den infektiösen Viruspartikeln ab und kann so der Immunabwehr entkommen“, sagt Behrendt.

Dieses lösliche Kapsid-Protein unterscheidet sich von dem in infektiösen Viruspartikeln verbauten Protein durch eine bestimmte Veränderung – eine Differenzierung, die sich gezielt für neue Therapieansätze nutzen lässt. „Wir haben uns dann auf die Antikörper, die spezifisch infektiöse Partikel erkennen, konzentriert“, sagt Dr. Katja Dinkelborg, forschende Ärztin in Behrendts Arbeitsgruppe und eine Erstautorin der Publikation.

Die exakte Struktur und Wirkweise dieser Antikörper konnten Forschende der Universität zu Lübeck entschlüsseln. Gemeinsam mit dem Team um DZIF-Wissenschaftler Prof. Thomas Krey vom Institut für Biochemie der Universität zu Lübeck untersuchten sie die Antikörper genauer und konnten zeigen, wie sie das Virus binden und neutralisieren. Diese Erkenntnisse sind ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer gezielten Antikörpertherapie gegen HEV.“ Behrendt und Krey wollen die neutralisierenden Antikörper mit antiviraler Wirkung nun weiterentwickeln, um sie für den klinischen Einsatz zu optimieren. „Unsere Erkenntnisse zeigen, dass gezielt entwickelte Antikörper ein vielversprechender Ansatz sind, um Hepatitis-E-Infektionen besser zu behandeln“, erklärt Krey. „Mit unserer Forschung im DZIF legen wir die Grundlagen für zukünftige klinische Studien und hoffen, diese Antikörper in naher Zukunft als Therapieoption für Risikogruppen verfügbar zu machen.“

Quelle: Pressemitteilungen des TWINCORE, Zentrum für Experimentelle und Klinische Infektionsforschung und der Universität zu Lübeck

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