Wenn Disziplinen zusammenfinden

Mark Brönstrup ebnet mit einer DZIF-Professur den Weg für neue Medikamente.

© DZIF

Von der Chemie zur Biologie zur Medizin – Mark Brönstrup hat im Laufe seiner Karriere immer wieder die Grenzen zwischen den Disziplinen überschritten und so ist es nur folgerichtig, dass er heute im Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) eine Abteilung für Chemische Biologie leitet. Darüber hinaus ebnet er seit Jahresbeginn mit einer DZIF-Professur den Weg für neue Medikamente gegen Infektionskrankheiten.

„Eigentlich tut es mir leid, dass ich mich früher so gar nicht mit Biologie beschäftigt habe“, gesteht Prof. Mark Brönstrup schmunzelnd. So habe er dann einiges nachholen müssen, als sein Weg immer mehr von der Chemie in Richtung Biologie führte. Nach einem Chemiestudium in Marburg und am Imperial College in London promovierte Brönstrup an der TU Berlin in Organischer Chemie. Sein Steckenpferd waren Massenspektrometer, die er damals nicht wie üblich nur als Detektor nutzte, sondern als Reaktionsgefäß für chemische Modellreaktionen. Die Massenspektrometrie war es denn auch, die Brönstrup gleich nach dem Studium in die Industrie brachte. Bei der Pharmafirma Aventis in Frankfurt war genau dieses Wissen gefragt. 

„In der Pharmaforschung wird man dann zwangsläufig mit biologischen Fragestellungen konfrontiert“, so Brönstrup, der während eines Forschungs-Sabbaticals 2003 an der Harvard Medical School in die Zellbiologie einsteigen konnte. Von 2005 bis 2010 leitete er bei Sanofi-Aventis die Naturstoffforschung – sein Ziel: aus natürlichen Quellen neue Wirkstoffe gegen Infektionskrankheiten und Krebs zu finden und so zu optimieren, dass sie klinisch nutzbar werden. Der chemische Biologe war geboren und es dauerte nicht lange, da konnte Mark Brönstrup auch die Medizin in sein Repertoire aufnehmen. Von 2010 bis 2013 standen die Diabetesforschung und die Suche nach Biomarkern im Mittelpunkt seiner Arbeiten bei Sanofi.

Nach dreizehn Jahren dann der Wechsel von der Industrie in eine öffentliche Forschungseinrichtung. Seit Dezember 2013 leitet Mark Brönstrup die Abteilung für Chemische Biologie am HZI und hat eine W3-Professur an der Leibniz-Universität Hannover inne, seit Anfang 2015 handelt es sich um eine DZIF-Professur. „Die Stelle passte einfach genau auf das, was ich gemacht habe und zukünftig machen möchte“, erklärt Brönstrup den Wechsel von Frankfurt nach Braunschweig. Und fügt, selbst ein wenig erstaunt hinzu: „Eigentlich kurios, ich habe hier als formeller ‚Beamter‘ viel mehr Gestaltungsspielraum als in der Industrie und fühle mich daher ganz als Entrepreneur.“

Chemische Biologie, was ist das eigentlich? „Biologische Prozesse mit Hilfe von chemischen Sonden, also kleinen Molekülen, zu verstehen“, erklärt Brönstrup ohne Zögern. Und genau das sei auch im DZIF seine Aufgabe, wo er offiziell der „Natürlichen Wirkstoffbibliothek“ zugeordnet ist, die den Forschern im DZIF als translationale Infrastruktur eine große Zahl an hoffnungsvollen Naturstoffproben zur  Verfügung stellt. Für das DZIF sucht Brönstrup nach neuartigen Testsystemen für die Analyse dieser Proben, er sucht nach Leitstrukturen, ist beteiligt an der Optimierung und Entwicklung von neuen Wirkstoffen.

„Das DZIF hat das Zeug, selbst neue Therapieoptionen zu entdecken und zu erproben“, ist sich Brönstrup sicher. Es biete ein ideales Umfeld, um translationale Forschung zu betreiben. Was er darunter verstehe? „Translation heißt für mich, Ergebnisse aus der Grundlagenforschung zu überprüfen im Hinblick auf Therapie-Relevanz.“ Bedachtsam setzt er seine Worte, beantwortet die Fragen ruhig, aber bestimmt. Man dürfe translationale Forschung nicht mit angewandter Forschung gleichsetzen. „Es geht in erster Linie darum, die humane Pathogenese zu verstehen und zu verhindern.“ Und dabei hat Mark Brönstrup viel Geduld und Energie. „Ein wissenschaftliches Problem zu lösen, das ist ein Wert an sich“, erklärt er seine Freude an der Forschung. Da spielt es für ihn keine Rolle, dass eine Entwicklung vom Wirkstoff zum neuen Medikament rund zehn Jahre dauern kann.

Insgesamt 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten derzeit in seiner Abteilung. Brönstrups Industrieerfahrung und seine interdisziplinäre Kompetenz machen ihn zu einem vielfach gefragten Ratgeber. Und dennoch, für seinen achtjährigen Sohn und die zweieinhalbjährige Tochter nimmt er sich Zeit. „Ich versuche, nicht zu viele Dienstreisen zu machen“, erklärt er. Und er beschränke seine Hobbies derzeit auf die „Fahrradtouren“ aus der Stadt zum Arbeitsplatz nach Stöckheim und auf ein wenig Gitarrenspiel. Ein neues Instrument für Brönstrup, der seine Bundeswehrzeit als Klarinettist im Heeresmusikkorps in Lüneburg spielend überstanden hat. Gemeinsam mit der Familie  hat er sich in Braunschweig schnell eingelebt. Ihm gefalle die Stadt und am HZI sei er sehr freundlich aufgenommen worden.

„Die vier Jahre, in denen ich bei Sanofi translationale Medizin betrieben habe, waren eine wichtige Erfahrung, die mir jetzt zugutekommt“, so Brönstrup. Hier sei er mit Medizinern intensiv ins Gespräch gekommen und habe auch deren Sprache gelernt. Eine außerordentlich gute Voraussetzung für sein Wirken im DZIF. „Denn es ist eine große, bislang wenig genutzte Chance, Kliniker, die Medical Needs und Nischen definieren können, mit Wirkstoffforschern zusammenzuführen.“ Mark Brönstrup ist im HZI und im DZIF angekommen.