DZIF-Preise für translationale Infektionsforschung 2019 vergeben
Gülşah Gabriel und Stefan Niemann haben die Jury mit ihren wissenschaftlichen Arbeiten überzeugt: Das Deutsche Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) verleiht ihnen jeweils einen Preis für translationale Infektionsforschung, dotiert mit 5.000 Euro.
Influenza-Viren, die Auslöser der Grippe, stehen im Mittelpunkt der Forschungsarbeiten von Prof. Gülşah Gabriel, Virologin am Hamburger Heinrich-Pette-Institut, Leibniz-Institut für Experimentelle Virologie, und Professorin an der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover. Ihre Forschung erfasst das gesamte Spektrum von den grundlegenden Mechanismen der Krankheit über Untersuchungen in Tiermodellen bis hin zu Ansteckungsgefahren und Krankheitsrisiken beim Menschen. Wie entwickelt sich das Virus in verschiedenen Tieren, welche Änderungen macht es durch, bevor es auf den Menschen überspringt und wie kommt es zu gefährlichen Pandemien? „Mit ihrem außergewöhnlichen translationalen Ansatz, der auch eine große klinische Kohorte an Influenza-Patienten einschließt, legt Gülşah Gabriel eine wichtige Basis für neue antivirale Strategien“, erklärt DZIF-Vorstandsvorsitzender Prof. Hans-Georg Kräusslich in seiner Laudatio. Mit ihrer Aufklärung von Schlüsselmolekülen in der Influenza-Pathogenese legt Gabriel auch einen Grundstein für die Entwicklung neuer Wirkstoffe gegen andere gefürchtete Viren, wie zum Beispiel Zika- oder Ebola-Viren.
Der Tuberkulose-Erreger Mycobakterium tuberculosis, ebenfalls gefürchtet und erneut auf dem Vormarsch, ist das Forschungsobjekt von Prof. Stefan Niemann. Am Forschungszentrum Borstel hat sich der molekulare Mikrobiologe auf Tuberkulose und andere Lungenerkrankungen spezialisiert. Seit seiner Doktorarbeit entwickelt Niemann die modernen Genomanalyse-Verfahren weiter, um die Ausbreitung der Krankheit besser zu verstehen und die Diagnostik und -Bekämpfung zu optimieren. „Die Arbeiten von Stefan Niemann sind insbesondere im Hinblick auf die dramatische weltweite Ausbreitung von multiresistenten Stämmen von besonderer Bedeutung“, erklärt Kräusslich in der Laudatio. Dem Preisträger, der im DZIF den Forschungsbereich „Tuberkulose“ koordiniert, ist es gelungen, seine Arbeiten in die Anwendung zu bringen. So werden in Borstel seit mehr als einem Jahr die Analyseergebnisse der Tuberkulose-Stämme in eine gezielte, individuelle Therapie umgesetzt.
Beide Preisträger stehen damit für ausgezeichnete translationale Infektionsforschung und verfolgen das wichtigste Ziel des DZIF: die effektive Überführung von Forschungsergebnissen in die Klinik und umgekehrt die Nutzung der Erkenntnisse aus der Klinik. Im Mittelpunkt der Forschungsarbeiten im DZIF steht immer der Patient. Die Preise wurden während der gemeinsamen Jahrestagung des DZIF und der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie am 21. November in Bad Nauheim vergeben.
Die Preisträger kurz vorgestellt
Gülşah Gabriel (Jg. 1978) studierte Biologie in Marburg, wo sie 2003 ihren Diplomabschluss in Molekularbiologie erhielt und 2006 ihre Promotion in Virologie abschloss. Nach einem zweijährigen Forschungsaufenthalt an der University of Oxford übernahm Gabriel 2009 eine Emmy-Noether-Nachwuchsgruppe der DFG am Heinrich-Pette-Institut und konzentrierte sich fortan auf die Influenza-Forschung. Im selben Jahr wurde sie bereits für ihre Influenza-Forschung ausgezeichnet mit dem Young Scientist Award. Seit 2014 ist Gabriel Forschungsleiterin am Heinrich-Pette-Institut und Professorin an der Universität Lübeck. Seit 2018 leitet sie am HPI die Abteilung für virale Zoonosen - One Health. Parallel dazu wurde sie 2018 auf eine Professur für Virale Zoonosen an der Tierärztlichen Hochschule Hannover berufen.
Stefan Niemann (Jg. 1964) studierte Biologie an der Universität Bielefeld, wo er 1996 am Lehrstuhl für Genetik promovierte. Als Postdoc arbeitete und forschte er am Forschungszentrum Borstel im Nationalen Referenzzentrum für Mykobakteriologie, das er heute stellvertretend leitet. 2004 konnte er seine Habilitation an der Universität Lübeck in Mikrobiologie und Molekularbiologie abschließen. Seit 2014 ist Stefan Niemann Professor für Molekulare und Experimentelle Mykobakteriologie an der Universität zu Lübeck, leitet eine entsprechende Forschungsgruppe am FZB und ist seit 2017 auch Visiting Professor an der Universität von Namibia, Windhoek. Seine Arbeiten wurden 2011 mit dem Eva und Klaus Grohe Preis der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, 2016 mit dem Hauptpreis der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie und 2017 mit dem Schleswig-Holstein Excellence Chair ausgezeichnet. Im DZIF koordiniert er den Forschungsbereich „Tuberkulose“.