Mögliche Langzeitschäden durch Zikavirus-Infektion
Auch klinisch unauffällige Nachkommen von infizierten Müttern könnten langfristig unter gesundheitlichen Spätfolgen leiden. Zu diesem Ergebnis kommen DZIF-Wissenschaftler am Heinrich-Pette-Institut (HPI) und an der Tierärztlichen Hochschule Hannover (TiHo). Gemeinsam mit anderen Wissenschaftlern studierten sie das Verhalten, die Gedächtnisleistung und die Gewebeveränderungen von Mäusen, deren Mütter während der Trächtigkeit eine milde Infektion mit dem Zikavirus durchlebt hatten. Die Ergebnisse sind nun im renommierten Journal „Nature Microbiology“ erschienen.
Während der Zikavirus-Epidemie 2015 in Südamerika ging die Meldung um die Welt: Eine Infektion mit dem Zikavirus während der Schwangerschaft wurde mit fetalen Verlusten, Spontanabbrüchen und neurologischen Störungen, wie der Mikrozephalie bei Neugeborenen, in Zusammenhang gebracht. Wie aber sehen die Langzeiteffekte bei Kindern Zikavirus-infizierter Mütter aus, die bei der Geburt keine klinischen Manifestationen aufweisen? Diese klinisch unauffälligen Kinder machen über 90% aller Kinder aus, die in Zika-Endemiegebieten geboren werden. Mithilfe eines im DZIF entwickelten Schwangerschaftsmodells in der Maus gingen die Wissenschaftler unter der Leitung von Prof. Dr. Gülsah Gabriel dieser Frage auf den Grund.
Die Ergebnisse unterstützen die Annahme, dass die mütterliche Zikavirus-Infektion während der frühen Embryonalentwicklung die Entwicklung des Fötus im Uterus beeinflusst. Nachkommen, die bei der Geburt keine klinischen Manifestationen aufweisen, können im Erwachsenenalter an neuronalen Anomalien sowie an Lern- und Gedächtnisschwächen leiden. Zudem zeigt die Studie geschlechtsspezifische Unterschiede bei den Nachkommen: Männliche Nachkommen von einer milden mütterlichen Zikavirus-Infektion während der Schwangerschaft weisen deutlich höhere Testosteron-Werte auf als Nachkommen von nicht-infizierten Müttern. Diese hohen Testosteron-Werte korrelieren mit Beeinträchtigungen des Verhaltens sowie der Lernstrategien bei den erwachsenen männlichen Nachkommen. Auch weibliche Nachkommen von Zikavirus-infizierten Müttern leiden unter kognitiven Beeinträchtigungen, allerdings ist die neurokognitive Störung hier nicht so stark ausgeprägt. „Unsere Ergebnisse zeigen, wie wichtig es gerade bei zunächst unauffälligen Kindern von Zikavirus-infizierten Müttern ist, ein gezieltes und geschlechtsspezifisches Monitoring durchzuführen“, erklärt Gabriel.
Die vom Heinrich-Pette-Institut, Leibniz-Institut für Experimentelle Virologie und der Tierärztlichen Hochschule Hannover geleitete Studie lief unter anderem im Rahmen eines DZIF-Projektes. Eng zusammengearbeitet wurde mit dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) und zahlreiche hoch renommierte nationale und internationale Partner waren beteiligt. Die Forschungsarbeit wurde unter anderem durch Bundesministerium für Gesundheit (BMG), das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) sowie das N-RENNT Programm des Landes Niedersachsen unterstützt.