Neue Therapieoptionen für Hepatitis D weiter dringend benötigt
Die weltweit größte Studie zur Behandlung der aggressiven Hepatitis delta wurde im HepNet Study-House der Deutschen Leberstiftung durchgeführt. Die Studie zeigt, dass eine Verlängerung der Therapie positive Auswirkungen auf den Zustand der Leber hat und damit das Fortschreiten der Erkrankung hemmen kann. Sie führt aber nicht zu wesentlich höheren Heilungsraten. Die Ergebnisse dieser Studie wurden jetzt in The Lancet Infectious Diseases veröffentlicht.
Eine Infektion mit Hepatitis-D-Viren (HDV) führt zu einer chronischen Lebererkrankung mit schwerwiegenden Folgen Die Betroffenen entwickeln sehr häufig eine Leberzirrhose und Leberzellkrebs; für viele Patienten bleibt die Lebertransplantation als letzte Therapieoption. Das HDV ist das kleinste bekannte Virus, das Menschen infizieren kann. Nur Patienten mit einer bestehenden Hepatitis B können sich mit dem Hepatitis-D-Virus infizieren, da das Virus das Hülleiweiß des Hepatitis-B-Virus benötigt, um Leberzellen zu infizieren.
Aktuelle Schätzungen gehen von weltweit ca. 15 bis 25 Millionen und in Deutschland von etwa 30.000 Menschen aus, die chronisch mit HDV infiziert sind. Die derzeit einzige Therapieoption ist eine einjährige Behandlung mit einem modifizierten Gewebshormon, dem pegylierten Interferon alfa. Diese Behandlung führt allerdings langfristig zu Rückfällen. Unklar war bisher, ob mit einer verlängerten Therapie oder durch eine Behandlung in Kombination mit einem weiteren Medikament gegen die gleichzeitig bestehende Hepatitis-B die Ausheilungsraten erhöht werden können.
Im HepNet Study-House der Deutschen Leberstiftung, assoziierter Partner im DZIF, wurde daher in Zusammenarbeit mit der Medizinischen Hochschule Hannover und der Firma Roche Pharma die derzeit weltweit größte Studie (The Hep-Net International Delta Hepatitis Interventional Trial, HIDIT-II) zur antiviralen Behandlung der chronischen Hepatitis delta durchgeführt. In den beteiligten Zentren in Deutschland, Griechenland, Rumänien und der Türkei wurden 120 Patienten für 96 Wochen entweder mit PEG Interferon alfa-2a und Tenofovir disoproxil (einem Medikament, das zur Behandlung der Hepatitis B zugelassen ist) oder PEG Interferon alfa-2a und einem Placebo behandelt.
Ergebnisse der Studie
Ein wesentliches Ergebnis der Studie ist, dass eine deutliche Verminderung der Lebervernarbung, also eine Verbesserung des Zustands und der Funktion der Leber zum Ende der verlängerten Therapie, beobachtet wurde. „Dieser Befund konnte in der Form weltweit erstmals dokumentiert werden, was für die Langzeitprognose der Patienten von wesentlicher Bedeutung ist“, stellt Professor Heiner Wedemeyer, Koordinator der Studie und Direktor der Klinik für Gastroenterologie und Hepatologie am Universitätsklinikum Essen heraus. „Damit ist die Wahrscheinlichkeit für Komplikationen wie Leberzirrhose oder Leberzellkrebs deutlich reduziert.“ Wichtig ist auch die durchaus gute Verträglichkeit der verlängerten Therapie, obwohl Interferone Nebenwirkungen wie grippeartige Symptome oder Blutbildveränderungen verursachen können.
Auch mit der zweijährigen Therapie konnten Rückfälle nach Therapieende nicht verhindert werden. Professor Cihan Yurdaydin aus der Abteilung Gastroenterologie der Universität Ankara, verantwortlicher Prüfarzt für die Türkei, erklärt, dass aufgrund der HIDIT-II-Studie eine auf zwei Jahre verlängerte Therapie nicht generell empfohlen werden kann. „Diese für die klinische Praxis sehr wichtige Studie zeigt aber, dass bei Patienten mit gutem Therapieansprechen eine Verlängerung durchaus in Betracht gezogen werden kann“, stellt er klar.
„Die vom HepNet Study-House initiierte Studie war eine logistische Meisterleistung über fast zehn Jahre, die weltweit einmalige Ergebnisse erbracht hat und nur mit der Infrastruktur des HepNet Study-House, internationaler Zusammenarbeiten sowie der Unterstützung durch das Hannover Clinical Trial Center (HCTC) möglich war“, betont Professor Michael P. Manns. Er ist Direktor der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie der Medizinischen Hochschule Hannover und Vorstandsvorsitzender der Deutschen Leberstiftung.
Die Studie wurde mit der Unterstützung der Firmen Roche Pharma AG und Gilead Sciences GmbH durchgeführt. Das HepnetStudy House wird vom DZIF unterstützt.