Tuberkulose: Verschiedene Immunitätstypen bestimmen den Krankheitsverlauf

Einem internationalen Forschungsteam ist es gelungen, unterschiedliche Immunantworten von Tuberkulosepatienten zu charakterisieren und Gruppen an Erkrankten zu identifizieren, die eine sehr geringe oder eine sehr starke Immunantwort auf den bakteriellen Erreger zeigten. Durch diese Eingruppierung könnte die personalisierte Therapie in Zukunft maßgeblich verbessert werden. An der groß angelegten Analyse waren DZIF-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler maßgeblich beteiligt.

Tuberkulose ist eine Infektionskrankheit, die durch das Mycobacterium tuberculosis verursacht wird. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) geht davon aus, dass ein Viertel der Weltbevölkerung mit diesem Erreger infiziert ist. Jedes Jahr sterben mehr als 1,5 Millionen Menschen daran. Die Tuberkulose ist damit weltweit die häufigste durch Bakterien verursachte Todesursache und steht insgesamt nach COVID-19 an zweiter Stelle der Todesursachen durch Infektionskrankheiten.

Interessanterweise erkrankt aber die Mehrheit der Menschen nach einer Infektion mit Mycobacterium tuberculosis nicht. Bei denjenigen, die an Tuberkulose erkranken, kann der Verlauf sehr unterschiedlich sein. Die meisten Tuberkulosekranken entwickeln eine chronische Lungenentzündung, während bei anderen Patient:innen auch Lymphknoten, Knochen oder das zentrale Nervensystem betroffen sein können. Seit Jahrzehnten untersuchen Forscherinnen und Forscher die menschliche Reaktion auf Tuberkulosebakterien, um besser zu verstehen, was nötig ist, um eine schützende Immunität gegen diese Krankheit aufzubauen.

Nun haben Forscher des Baylor College of Medicine und des Texas Children's Hospital in Houston, Texas (USA) gemeinsam mit Partnern des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) eine bahnbrechende Entdeckung zur menschlichen Immunität gegen Tuberkulose gemacht: Sie konnten unter den Betroffenen anhand von Blutanalysen „Endotypen“ ausmachen, die mit einer zu geringen oder einer zu ausgeprägten Immunität einhergingen.

Seit vielen Jahren haben Ärztinnen und Ärzte, die Tuberkulosepatienten betreuen, die Beobachtung gemacht, dass manche Tuberkulose-Patient:innen mit einer sehr starken Reaktion ihres Immunsystems antworten und durch eine überschießende Entzündung irreversible Gewebe- und Organschäden verursachen, während andere offenbar eine zu gering ausgeprägte Immunantwort zeigen, um die Infektion zu überwinden und die Bakterien abzutöten.

Vorbild für die aktuelle Analyse waren Ansätze, die aus der modernen Krebsforschung abgeleitet wurden. Hierbei wurden große Datensätze aus zuvor veröffentlichten Publikationen genutzt, um die Immunantwort der Patient:innen zu charakterisieren. Die Wissenschaftler:innen konzentrierten sich auf die unterschiedliche Produktion von Ribonukleinsäuren (RNA) in Blutzellen. Mit dieser Information konnten sie bestimmte Gruppen unter den Tuberkulose-Patient:innen ausmachen, die mit zu gering oder zu ausgeprägter Immunität einhergingen. Interessant war hierbei auch, dass Tuberkulose-Patient:innen häufig durch eine Erschöpfung des Immunsystems charakterisiert sind. Die verschiedenen Gruppen werden nun als "Endotypen" benannt.

Bei einer unabhängigen Kohorte von Patient:innen aus der Tuberkulosekohorte des DZIF konnten die Autor:innen nachweisen, dass ein Endotyp eine bessere Prognose für die Heilung von Tuberkulose hatte als der andere. Mithilfe von Computermodellen sagte das Team auch voraus, welche Art von Medikamenten notwendig wäre, um das Immunsystem der verschiedenen Endotypen wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Solche personalisierten Therapieansätze könnten zukünftig zu einer enormen Verbesserung der Therapieergebnisse führen und sogar die Therapiedauer verkürzen.

„Die wirtsspezifischen Immuntherapien, die wir identifiziert haben, werden für einen der Endotypen vorteilhaft sein, während sie für Patienten mit einem anderen Endotyp möglicherweise nachteilig sind“, kommentiert Professor Andrew DiNardo vom Baylor College von Medicine, der das Konzept der Endotypen federführend entwickelt hat. "Die Ergebnisse dieser Studie werden den Weg für wirtsspezifische Therapien für einzelne Gruppen von Tuberkulosepatienten ebnen, mit dem großen Potenzial, die Behandlungsergebnisse für die tödlichste aller bakteriellen Infektionskrankheiten zu verbessern," ergänzt Professor Jan Heyckendorf, DZIF-Tuberkuloseforscher aus Borstel und Kiel und einer der Erstautoren der Studie.

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