Warum unser Immunsystem bei HIV versagt
Eine internationale Forschergruppe konnte einen Schlüsselfaktor identifizieren, der für die Vermehrung des humanen Immundefizienz-Virus (HIV-1) unverzichtbar ist. Wesentlich beteiligt waren Wissenschaftler des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) in Langen.
Warum ist das Immunsystem nicht in der Lage, HIV zu bekämpfen? Das HI-Virus setzt sich ausgerechnet in Zellen des menschlichen Immunsystems fest. Einmal in das Wirtsgenom integriert, sind die Virus-Gene nicht mehr angreifbar. Sobald die Medikamente abgesetzt werden, werden neue Viren gebildet. Immer noch sterben 1, 5 Millionen Menschen an den Folgen einer HIV-Infektion, der Immunschwächekrankheit AIDS. Dr. Renate König, Leiterin der Forschungsgruppe "Pathogen-Wirt-Interaktionen" am PEI und Wissenschaftlerin im DZIF, versucht herauszufinden, warum HIV1 das menschliche Immunsystem ausspielen kann.
In einer internationalen Forschungskooperation sind die Wissenschaftler am PEI jetzt einen wichtigen Schritt vorangekommen, indem sie NLRX1 (nucleotide-binding oligomerization domain, leucine rich repeat containing X1) als wichtigen Akteur identifiziert haben. Dieses Protein agiert offensichtlich als Feinregulator, der das Frühwarnsystem des Immunsystems abschalten kann. NLRX1 war bereits im Rahmen eines Hochdurchsatzverfahrens von König und Kollegen als eines von 295 potenziell für die HIV-1-Replikation bedeutsamen Proteinen identifiziert worden. Dass es tatsächlich eine ganz zentrale Rolle spielt und auf welche Weise, war bisher jedoch unbekannt.
Nun weiß man, dass der Faktor NLRX1 das angeborene Immunsystem hemmt, indem er an STING bindet, einen Stimulator des Immunsystems. Wird STING auf diese Weise blockiert, kann das Virus nicht bekämpft werden. Indem die Wissenschaftler NLRX1 ausschalteten, konnten sie zeigen, dass diesem Protein tatsächlich eine Schlüsselrolle zukommt: Die Zytokinantwort wurde dadurch deutlich erhöht und das Einwandern der Virus-DNA in den Zellkern gehemmt.
Damit könnte der Faktor NLRX1 eine interessante Zielstruktur für die Entwicklung von Therapien gegen HIV-1 sein. Wirkstoffe, die ihn hemmen, sollten die angeborene Immunantwort auf HIV-1 verstärken.