Stechmücken und Stechmücken-assoziierte Virusinfektionen in Deutschland
Stechmücken sind Überträger zahlreicher humanpathogener Viren. Neben den bekannten heimischen Arten sind in den letzten Jahren neue Stechmückenarten nach Deutschland eingeschleppt worden. Um vorbereitet zu sein auf die mögliche Ansiedlung neuer Stechmückenarten und die Einschleppung und Verbreitung neuer Krankheitserreger, werden heimische Stechmücken flächendeckend für Deutschland erfasst, um insbesondere neue invasive Arten wie die Asiatische Tigermücke Aedes albopictus frühzeitig aufzuspüren. Gleichzeitig werden die verschiedenen heimischen Stechmücken auf ihre Vektorkompetenz geprüft. Dabei werden sowohl die gefangenen Mücken auf mögliche Pathogene untersucht als auch auf ihre Kapazität, tropische Viren zu übertragen. Hierzu steht am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin ein Hochsicherheits-Insektarium zur Verfügung, so dass solche Untersuchungen erstmals auch in Deutschland durchgeführt werden können.
Stechmücken spielen eine wichtige Rolle als Überträger unterschiedlicher Infektionserreger, insbesondere von Viren. Klimatische und ökologische Veränderungen, aber vor allem der internationale Warenverkehr und die Reisen des Menschen, haben dazu geführt, dass sich in den letzten Jahrzehnten verschiedene Mückenarten von ihren angestammten Gebieten in Asien oder Afrika sehr schnell über fast alle Kontinente ausbreiten konnten. Einige dieser „invasiven“ Arten, wie etwa die Asiatische Tigermücke Aedes albopictus oder der Japanische Buschmoskito Aedes japonicus, haben sich auch in Teilen Europas einschließlich Deutschland angesiedelt. Sie gelten als wichtige Überträger Virus-bedingter Erkrankungen und haben bereits in einigen Europäischen Ländern zu ersten Ausbrüchen durch das West-Nil-, das Dengue- oder das Chikungunya-Virus geführt.
Um in Deutschland vorbereitet zu sein auf mögliche neu auftretende Virusinfektionen, führen wir jährlich in weiten Teilen des Landes umfangreiche Stechmückenfänge durch. Diese Stechmücken werden mit Hilfe molekularer Methoden auf Viren und andere Pathogene untersucht. Gleichzeitig werden verschiedene einheimische und neue Stechmückenarten auf ihre Fähigkeit untersucht, tropische Viren wie Dengue-, West-Nil-, oder Chikungunya zu übertragen. Hierzu werden die Stechmücken im Hochsicherheitslabor über eine Blutmahlzeit mit den unterschiedlichen Viren infiziert. Nach einigen Tagen Inkubation bei unterschiedlichen Temperaturen, wird die Speicheldrüsenflüssigkeit der infizierten Mücken auf aktive Viruspartikel untersucht als Hinweis für die Fähigkeit dieser Tiere, das entsprechende Virus übertragen zu können.
Unsere Untersuchungen an mehr als 500.000 Stechmücken haben gezeigt, dass in Deutschland keine hochpathogenen Viren wie das Dengue-, das Chikungunya- oder das West-Nil-Virus zirkulieren. Dennoch wurden einige für den Menschen wenig pathogene Viren, wie das Sindbis-, das Batai- oder das Usutu-Virus regelmäßig in Stechmücken gefunden. Übertragungen des Usutu-Virus auf Vögel haben bereits zu größeren Amselsterben in Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Hamburg geführt. Darüber hinaus wurde das Virus auch bei Blutspendern gefunden. Zusätzlich wurde 2018 erstmals in Deutschland das West-Nil-Virus sowohl in freilebenden und als auch in Volieren-Vögeln nachgewiesen. Weitere Untersuchungen unterstützen die Hypothese, dass das West-Nil-Fieber-Virus regelmäßig nach Deutschland eingeschleppt wird, dass aber eine lokale Zirkulation des Virus zwischen Stechmücken und Vögeln nur bei längeren Perioden hoher Temperaturen im Sommer auftreten kann. Neben Viren wurde auch eine Fadenwurmart Dirofilaria repens wiederholt in Stechmücken nachgewiesen. Hierbei handelt es sich um einen Infektionserreger vornehmlich bei Hunden, der durch Stechmücken gelegentlich auch auf den Menschen übertragen wird und zu Hautknoten führt.
Erste Ergebnisse zur Vektorkompetenz einheimischer Stechmückenarten haben gezeigt, dass die gemeine Hausmücke Culex pipiens die Fähigkeit besitzt, das West-Nil- und das Japan-Enzephalitis-Virus zu übertragen und die Asiatische Tigermücke das Zika- und das Chikungunya-Virus. Mit Ausnahme des Chikungunya-Virus ist die Übertragung allerdings an längere Perioden erhöhter Temperaturen von über 24 Grad gebunden, so dass eine Gefahr für Deutschland zurzeit nicht gegeben ist. Bei weiterer Zunahme der Besiedlung mit Aedes albopictus muss allerdings in Zukunft damit gerechnet werden, dass es zu lokalen Chikungunya-Infektionen kommen kann.
Gegenwärtig wird die Frage geklärt, inwieweit Infektionen mit den bereits in deutschen Stechmücken nachgewiesenen Erregern auch schon auf Menschen übertragen wurden, unter welchen Bedingungen einheimische Stechmücken andere tropische Viren wie etwa das Dengue-Virus übertragen können und wieso manche Stechmückenarten gute Überträger von Viren sind und andere nicht.