Bessere Vorhersage von Resistenzen bei Tuberkulosebakterien
Einem internationalen Tuberkulose-Konsortium – darunter auch das Forschungszentrum Borstel – ist es gelungen, ein standardisiertes und international anerkanntes Verfahren zu entwickeln, um Resistenzen bei Tuberkulosebakterien in Zukunft besser vorhersagen zu können. Die Ergebnisse Ihrer Arbeit wurden in der Fachzeitschrift European Respiratory Journal publiziert.
Die Tuberkulose (TB) zählt zu den gefährlichsten Infektionskrankheiten der Welt: Allein im Jahr 2016 erkrankten 10,4 Millionen Menschen an TB – 1,7 Millionen Menschen starben an den Folgen der Infektion. Ein Viertel dieser Todesfälle sind dabei auf resistente Stämme der TB-Erreger aus dem sog. Mycobacterium-tuberculosis-Komplex (Mtbk) zurückzuführen. Die Ausbreitung von multiresistenten (MDR) oder extrem-resistenten (XDR) Stämmen stellt eine große globale Herausforderung dar, da eine effektive Therapie von MDR/XDR-TB Patienten unter anderem durch die begrenzte Verfügbarkeit von umfassenden Diagnoseverfahren sehr schwer ist.
Die aktuelle Studie verwendet einen standardisierten Ansatz zur Interpretation von Veränderungen im Erbgut (Mutationen) klinischer Mtbk-Stämme, die mit Arzneimittelresistenzen assoziiert sind. Basierend auf einer systematischen und umfassenden Analyse von über 1.700 Datensätzen, erstellten die 30 teilnehmenden Forschungseinrichtungen des Konsortiums eine erste Liste von validierten Mutationen, die mit Resistenzen bei Stämmen des Myobacterium tuberculosis-Komplexes assoziiert sind. Es wurden die wichtigsten Mutationen ermittelt, die eine Vorhersage von Resistenzen gegenüber Erst- und Zweitrang- Tuberkulosemedikamenten erlauben.
Die Ergebnisse der Studie unterstützen die derzeitige Entwicklung, molekularbiologische Verfahren vermehrt für die Resistenztestung einzusetzen. Die Genomsequenzierung klinischer Mtbk-Stämme wird verstärkt für die umfassende Resistenzvorhersage und individualisierte Therapie von MDR/XDR-TB Patienten genutzt.
„Die Verfügbarkeit einer kurierten und validierten Datenbank für die Interpretation von Resistenzmutationen ist eine wesentliche Voraussetzung für die Nutzung der Genomsequenzierung als diagnostisches Verfahren. Eine zielgerichtete individualisierte Therapie von MDR/XDR-TB Patienten wird so erst möglich.“ erklärt Stefan Niemann, Leiter der Forschungsgruppe Molekulare und Experimentelle Mykobakteriologie am Forschungszentrum Borstel und des Bereichs „Tuberkulose“ des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF).
Das für diese Studie entwickelte Validierungssystem von resistenzassoziierten Mutationen ermöglicht eine signifikant bessere klinische Interpretation der genetischen Veränderungen im Genom von Mtbk-Stämmen. Dies bedeutet einen großen Fortschritt für die individualisierte Therapie von TB-Patienten. Aus diesem Grund wurde dieser neue Ansatz auch in die „Relational Sequencing for TB (ReSeqTB)–Plattform (platform.reseqtb.org)“, eine globale und durch die WHO geförderte Datenbank, integriert.