Diagnostischer Biomarker zur Früherkennung von aktiver Tuberkulose bei HIV-Infizierten

Blutprobenanalyse im Rahmen der African Cohort Study (AFRICOS).

© MHRP

Spezifische Biomarker im Blut können sechs bis zwölf Monate früher auf eine beginnende Tuberkulose (TB) bei HIV-Infizierten hinweisen als eine TB-Diagnose per Sputum. Zu diesem Schluss kommen Forschende des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF), des Klinikums der Universität München und des U.S. Military HIV Research Program in Zusammenarbeit mit der African Cohort Study (AFRICOS)-Gruppe. Die frühzeitige Diagnose per blutbasierten Biomarkern gefolgt von medizinischer Behandlung könnte so das Fortschreiten und die Übertragung der Erkrankung verhindern. Die Ergebnisse der Längsschnittstudie wurden in der Zeitschrift eClinicalMedicine/The Lancet veröffentlicht.

Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation ist etwa ein Viertel der Weltbevölkerung mit Mycobacterium tuberculosis (MTB) Bakterien infiziert, die Tuberkulose (TB) verursachen können. Obwohl die Lungenkrankheit vermeidbar und heilbar ist, sterben jährlich etwa 1,5 Millionen Menschen daran. TB ist auch eine der Haupttodesursachen für Menschen mit HIV. Bei den meisten Menschen, die mit TB-Bakterien infiziert sind, verläuft die Infektion latent, ohne TB-Symptome oder Beschwerden. Etwa fünf bis 15 Prozent der Menschen mit latenter Tuberkulose entwickeln jedoch im Lauf ihres Lebens eine aktive, übertragbare TB-Erkrankung. Bislang ist Röntgen- und Computertomographie-Diagnostik allerdings zu unspezifisch, um eine solche subklinische TB-Erkrankung frühzeitig und genau zu erkennen. Es gab daher bisher keine diagnostischen Möglichkeiten, die TB-Aktivität in Patienten mit klinisch latenter TB oder einer HIV/TB-Koinfektion frühzeitig festzustellen.

Ein internationales Forschungsteam in Zusammenarbeit mit der AFRICOS-Studiengruppe hat sich nun genauer mit der Dynamik der TB-Krankheitsaktivität im Körper befasst. Geleitet von den DZIF-Wissenschaftler:innen Prof. Michael Hoelscher, Dr. Christof Geldmacher und Dr. Inge Kroidl, sowie Oberst Julie Ake vom U.S. Military HIV Research Program (MHRP) am Walter Reed Army Institute of Research, untersuchten die Forschenden über einen Zeitraum von fünf Jahren die TB-Krankheitsaktivität von HIV/TB-koinfizierten Patient:innen der AFRICOS-Studienkohorte. Das Studienteam verwendete während der mehrjährigen Folgeuntersuchungen blutbasierte Biomarker, kombiniert mit einer jährlichen Untersuchung zum Auftreten von TB-Bakterien im Sputum (abgehustetes Bronchialsekret).

Die AFRICOS Kohortenstudie

AFRICOS wurde 2013 von MHRP gegründet und ist eine systematische 15-jährige Längsschnitt-Kohortenstudie von HIV-positiven und HIV-negativen Erwachsenen. Die Studie wird in elf Kliniken in fünf geografisch unterschiedlichen HIV-Behandlungs- und Pflegeprogrammen durchgeführt, die vom US President's Emergency Plan for AIDS Relief (PEPFAR) in Kenia, Tansania, Uganda und Nigeria unterstützt werden.

"AFRICOS hilft uns dabei, ein umfassenderes Bild des allgemeinen Gesundheitszustands unserer HIV-infizierten Patientinnen und Patienten zu erhalten, einschließlich Ergebnisdaten zu Koinfektionen wie TB", sagt Oberst Julie Ake, M.D., Direktorin des MHRP und Leiterin der AFRICOS-Studie. "Das Fortschreiten der latenten TB zu einer aktiven Erkrankung kann für Menschen mit einer HIV-Infektion lebensbedrohlich sein, sodass ein frühzeitiger Biomarker für eine aktive TB-Erkrankung ein wichtiges Instrument sein könnte, um die klinischen Ergebnisse für Patient:innen mit dieser Koinfektion grundlegend zu verbessern.“

Zwischen Januar 2013 und August 2018 untersuchten die beteiligten afrikanischen Kliniken jährlich Blutproben von 2.014 HIV-infizierten Personen mit dem Biomarker-basierten Xpert MTB/RIF-Diagnosetest auf aktive TB. Darüber hinaus untersuchte das wissenschaftliche Team im Längsschnitt Blutproben von HIV-infizierten Teilnehmenden vor, während und nach der Diagnose einer mikrobiologisch bestätigten aktiven TB und eines TB-Rezidivs (Rückfall), sowie von Patient:innen mit klinisch latenter TB-Infektion über bis zu fünf Jahre.

Anhand dieser Proben analysierten die Forschenden den Aktivierungsstatus von M. tuberculosis-spezifischen CD4+ T-Zellen (T-Lymphozyten, die das Oberflächenantigen CD4 tragen und nach Aktivierung an der Immunantwort beteiligt sind) als Biomarker für die Diagnose von TB-Erkrankungen bei HIV-positiven Patient:innen.

„Aktivierte M. tuberculosis-spezifische CD4+ T-Zellen im Blut sind ein Sputum-unabhängiger Surrogat-Biomarker, der nachweislich mit hoher Genauigkeit zwischen latenter und aktiver TB-Erkrankung unterscheiden kann und somit die Aktivität der TB-Erkrankung in vivo widerspiegelt,“ erklärt Dr. Geldmacher.

Blutbasierter Biomarker als vielversprechendes Diagnoseinstrument

Die Studie zeigte, dass die M. tuberculosis-spezifische CD4+ T-Zell-Aktivierung bei HIV-positiven Patient:innen aktive TB von latenter TB mit einer Sensitivität und Spezifität von 86 Prozent unterscheiden konnte. In vielen Fällen begann die aktive TB-Erkrankung bereits sechs bis zwölf Monate bevor TB aufgrund klinischer Symptome und dem Auffinden von Bakterien im Sputum diagnostiziert wurde. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass die Bestimmung des Aktivierungsstatus von M. tuberculosis-spezifischen CD4+ T-Zellen im Blut die Früherkennung beginnender TB erleichtern könnte. Auf der Basis dieses Biomarkers entwickelte Diagnostika könnten daher in Zukunft helfen, die Übertragung von M. tuberculosis zu reduzieren, Therapieerfolge zu verbessern und möglicherweise Leben retten.

Quelle: Pressemitteilung des LMU Klinikums München.

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