"Gut, beide Seiten zu sehen"

Oumou Maiga-Ascofaré

© DZIF

Oumou Maiga-Ascofaré arbeitet zurzeit als Forschungsstipendiatin am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg und am Kumasi Centre for Collaborative Research in Tropical Medicine (KCCR) in Kumasi, Ghana. Ihre Arbeit wird auch vom DZIF unterstützt. Wir trafen Oumou bei einem Workshop der Afrikanischen Partner-Institutionen des DZIF in Tansania und sprachen mit ihr über die Arbeit und ihr Leben in verschiedenen Kulturen.

Wann haben Sie Ihre Forschungskarriere in Hamburg begonnen?

Oumou: Meine Postdoc-Stelle habe ich 2011 in Hamburg aufgenommen und 2015 bin ich an das KCCR in Ghana gegangen, um für ein Jahr am Ebola-Diagnostik-Trainingsprogramm teilzunehmen. Ich komme aus Mali in Westafrika und als der Ebola-Ausbruch war, wollte ich helfen. Deshalb habe ich meine Forschungen als Mikrobiologin unterbrochen, um Leute vor Ort in Ebola-Diagnostik auszubilden. Das war mir extrem wichtig. Ich habe danach mit Jürgen May, meinem Gruppenleiter am Bernhard-Nocht-Institut in Hamburg, beschlossen, länger am KCCR zu bleiben und dort die Projekte zu koordinieren.

Welche Aufgabe haben Sie im DZIF?

Oumou: Im DZIF bin ich vor allem verantwortlich für SLIPTA (stufenweiser Prozess der Qualitätsverbesserung im Labor bis hin zur Akkreditierung). Ich organisiere das Qualitätsmanagement zu verschiedenen Arbeitstechniken. Zum Beispiel habe ich die PCR (Polymerase-Kettenreaktion) als diagnostisches Tool für Malaria im Labor etabliert, was bisher in Afrika nicht standardmäßig verfügbar war. Der nächste Schritt wird die Einführung der Zellkultur für den Malaria-Parasiten Plasmodium falciparum sein.

Was ist Ihr Forschungsschwerpunkt?

Oumou: Ich arbeite vor allem zum Thema Malaria. In der sog. „Fever without Source“-Studie (FWS) * haben wir den Ursprung von Fiebererkrankungen bei Kindern analysiert. Dabei ist uns aufgefallen, dass es ziemlich viele Rückfälle bei Malaria gibt. Ich habe mich eine Zeitlang mit Anti-Malaria-Medikamenten beschäftigt und dabei beobachtet, dass die Resistenzen normalerweise von Südostasien nach Afrika kommen und sich dort weiter ausbreiten. Aber ich denke, dass sich bei Artemisinin, dem derzeit gebräuchlichen Anti-Malaria-Mittel, ein anderer Mechanismus der Resistenzbildung zeigen könnte. Denn Artemisinin ist ein sehr schnell wirkendes Mittel, das viel schneller wieder aus dem Blut verschwindet als es bei herkömmlichen Mitteln der Fall war.

Wie möchten Sie dieses Problem angehen?

Oumou: Wir interessieren uns für die Hintergründe von Rückfällen bei Malaria. In einigen Fällen kommt der als „geheilt“ entlassene Patient kurze Zeit später mit dem gleichen Parasiten wieder in die Klinik. Glücklicherweise haben wir einige Proben aus der FWS-Studie, die wir auf molekularer Ebene untersuchen können. Was wir aber nicht sehen, ist der Parasit selbst und wir haben keine Serumproben, um die Pharmakokinetik des Medikaments zu messen. Aus diesen Gründen planen wir eine neue Studie, in der wir die Rückfälle bei Malaria nach Artemisinin-Behandlung untersuchen.

Die Zahl der Todesfälle durch Malaria ist global von 839.000 im Jahr 2000 auf 438.000 im Jahr 2015 zurückgegangen, so die Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation. Sollten Sie Ihren Forschungsschwerpunkt ändern?

Oumou: Ich glaube nicht. In den meisten afrikanischen Ländern ist Malaria nach wie vor ein echtes Problem. Die Diagnose ist sehr schwierig und die Ausbildung der Laborassistenten ist in den lokalen Einrichtungen oft mangelhaft. Die Parasiten passen sich sehr schnell an. Wir müssen Malaria in Afrika als Ganzes sehen. Es nützt nichts, wenn es in einzelnen Ländern keine Malaria mehr gibt, die Krankheit im Nachbarland aber nach wie vor verbreitet ist. Die Menschen in Afrika reisen viel und können Krankheiten über die Grenzen tragen. Afrika ist ein sehr großer Kontinent und wir müssen noch viel Energie aufwenden, um diese Probleme zu lösen.

Wieviel Zeit verbringen Sie in der Regel in Afrika?

Oumou: Momentan bin ich etwa 70 Prozent meiner Arbeitszeit am KCCR in Ghana und 30 Prozent am BNITM in Deutschland. Ich glaube wirklich, dass es sehr wichtig ist, auch vor Ort in Afrika zu sein, um zu sehen, was dort passiert, was benötigt wird und was getan werden muss.

Wo sehen Sie die wichtigsten Unterschiede zwischen dem Arbeiten in Deutschland und in Afrika?

Oumou: Wenn ich in Ghana bin, schule ich vor allem das Personal dort. Das ist manchmal eine echte Herausforderung, weil die Ressourcen und das Qualitätsmanagement dort nicht etabliert sind. In Europa gehört all das zum Standard, da geht es mehr darum, die Details zu bearbeiten und zu strukturieren. Aber in Ghana sehe ich mehr Möglichkeiten, alle begeistern sich für neue Projekte und Zusammenarbeit, die Leute sind motiviert und wollen lernen. Immer gibt es etwas Neues. Es ist schwierig, auf beiden Seiten zu stehen und es bedeutet für mich eine große Herausforderung. Aber es ist auch ausgleichend und gut, beide Seiten zu sehen, auch für meinen Weg in der Forschung.

Vielen Dank für das Gespräch.

 

*FWS-Studie: Fieber unbekannter Ursache

Die vier Afrikanischen Partner-Institutionen im DZIF entwickelten ihre Zusammenarbeit über ein gemeinsames biomedizinisches Projekt zu „Fieber ohne Ursache“ bei Kindern. Ein wichtiges Ziel dieses Projektes bestand darin, eine übergreifende Proben-Sammlung von gut charakterisierten Patienten mit hohem Fieber anzulegen. Sie wird bereits genutzt, um das Erregerspektrum an jedem Standort besser zu definieren und sie wird eine Grundlage für weitere epidemiologische Studien bilden. Für die Behandlung von Fiebererkrankungen werden dringend neue Diagnosemethoden benötigt, um den Antibiotikaverbrauch und damit die Resistenzbildung zu senken und Antibiotika für den zukünftigen Bedarf zu bewahren.

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