Infektiolog:innen fordern Investitionen in Forschung, Entwicklung und den verantwortungsvollen Einsatz von Antibiotika

Pressekonferenz am 13. Februar 2025 anlässlich der Jahrestagung des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) und der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie (DGI) am 13.-15. Februar 2025 in München.

Auf dem Podium diskutierten (v. l. n. r.):  Dr. Ingrid Wanninger, Prof. Dr. Rolf Müller, Prof. Dr. Mathias Pletz sowie Prof. Dr. Maria Vehreschild. Prof. Dr. Gerd Fätkenheuer (rechts auf dem Podium) moderierte die Veranstaltung.

© DZIF

Deutsche Infektiologinnen und Infektiologen warnen vor einer deutlichen Zunahme von Infektionen mit multiresistenten Bakterien. 

„Die Zunahme der Fälle, in denen auf Reserveantibiotika zurückgegriffen werden muss oder sogar diese nicht mehr wirksam sind, ist beunruhigend. Dies betrifft verschiedenste Arten von Infektionen wie zum Beispiel Lungenentzündungen, Harnwegsinfektionen und Blutvergiftungen“, warnt Prof. Dr. Maria Vehreschild, Vorstandsvorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie e.V. (DGI), Koordinatorin des Forschungsbereichs „Gesundheitssystem-assoziierte Infektionen“ im DZIF und Leiterin der Infektiologie am Universitätsklinikum Frankfurt. „Multiresistente Erreger wie beispielsweise Carbapenemase-bildende Enterobakterien oder hochgradig resistente Mykobakterien, die Erreger der Tuberkulose, schränken die Therapieoptionen maßgeblich ein.“

Obwohl Maßnahmen wie Antibiotic Stewardship – die Förderung des rationalen Einsatzes von Antibiotika – Erfolge zeigen, reichen sie nach Ansicht von Experten nicht aus. „Resistenzentwicklung ist ein natürlicher Evolutionsprozess, der durch entsprechende Maßnahmen verzögert, aber nicht aufgehalten werden kann. Für Antibiotika gilt: So viel wie nötig – aber so wenig wie möglich“. Die Einschränkung des Antibiotikaeinsatzes ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, zu der jeder Einzelne beitragen kann, indem er beispielsweise die empfohlenen Impfungen, auch gegen virale Infektionen wie die Influenza, wahrnimmt. Denn eine bakterielle Infektion ist selten eindeutig von einer viralen Infektion zu unterscheiden – deshalb werden Antibiotika aus Sicherheitsdenken zu oft verordnet“, betont Prof. Dr. Mathias Pletz, Vorstandsmitglied der Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Infektionstherapie e.V. (PEG) und Direktor des Instituts für Infektionsmedizin und Krankenhaushygiene am Universitätsklinikum Jena.

„Im Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) gibt es vielversprechende Ansätze zur Entwicklung neuer Antibiotika. Doch die Umsetzung scheitert oftmals an der Finanzierung der weiteren Entwicklung, die in vielen Fällen durch kleine Start-up-Unternehmen erfolgt“, erklärt Prof. Dr. Rolf Müller, Koordinator des DZIF-Forschungsbereichs „Neue Antibiotika“ und Geschäftsführender Direktor des Helmholtz-Instituts für Pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS).

Die klinischen Studien der Phasen II und III sind äußerst kostspielig. Ohne ausreichende finanzielle Unterstützung durch Investoren gelingt es nicht, neue Wirkstoffe zur Marktreife zu bringen. Die Entwicklung neuer Antibiotika ist für Unternehmen aufgrund der damit verbundenen hohen Kosten und der abschreckenden Wirkung auf Investoren unwirtschaftlich.

„Ohne geeignete Marktmechanismen laufen Deutschland und die EU Gefahr, dass die dringend benötigte Entwicklung neuer Antibiotika nicht stattfindet“, warnt Dr. Ingrid Wanninger, Vertreterin des Deutschen Netzwerks gegen Antimikrobielle Resistenzen (DNAMR) und Geschäftsführerin von HYpharm, Bernried. „Es braucht kreative Finanzierungslösungen, um Privatunternehmen wieder stärker einzubinden. Eine ausgewogene Kombination aus wirtschaftlichen Anreizen, regulatorischen Erleichterungen und einem verantwortungsvollen Einsatz von Antibiotika ist entscheidend, um die Entwicklung neuer Wirkstoffe voranzutreiben und die wachsende Bedrohung durch Resistenzen zu bekämpfen.“

Veranstaltungen wie die gemeinsame Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie (DGI) und des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) bieten wichtige Gelegenheiten, um Expert:innen zu vernetzen und junge Talente zu fördern. Gemeinsam setzen sie Impulse, die für die Bewältigung der globalen Gesundheitskrise entscheidend sind.

Weitere Informationen zur gemeinsamen DGI/DZIF-Jahrestagung finden Sie hier:
https://dgi-dzif-joint-meeting.de/
Informationen zum wissenschaftlichen Programm der Jahrestagung finden Sie hier:
https://dgi-dzif-joint-meeting.de/programme-abstracts/scientific-programme

Bei Interviewwünschen helfen wir Ihnen gerne weiter.

Ihre Ansprechpartnerin: Dr. Nicola Wittekindt, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Deutsches Zentrum für Infektionsforschung (DZIF), Geschäftsstelle Tel: +49 (0) 531 6181 1154

An der Pressekonferenz im Rahmen der DGI/DZIF-Jahrestagung in München nehmen folgende Organisationen teil:

Im Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) entwickeln bundesweit mehr als 700 Forschende aus 35 Institutionen gemeinsam neue Ansätze zur Vorbeugung, Diagnose und Behandlung von Infektionskrankheiten. Das Ziel ist die sogenannte Translation: die schnelle und effektive Umsetzung von Forschungsergebnissen in die klinische Praxis. Damit ebnet das DZIF den Weg für die Entwicklung neuer Impfstoffe, Diagnostika und Medikamente gegen Infektionen. Das DZIF ist eines von acht Zentren im Netzwerk der Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung (DZG).
Weitere Informationen: http://www.dzif.de

Die Deutsche Gesellschaft für Infektiologie (DGI) ist eine wissenschaftliche Fachgesellschaft mit über 1.000 Mitgliedern, die das Fachgebiet der humanmedizinischen Infektionslehre in Klinik, Praxis und Forschung repräsentiert. Sie sieht die Infektiologie als ein primär klinisch ausgerichtetes Fach, hebt jedoch zugleich ihren interdisziplinären Charakter und die Bedeutung der Infektionsmedizin für das öffentliche Gesundheitswesen sowie für globale Gesundheitsfragen hervor.
Weitere Informationen: https://www.dgi-net.de/ueber-uns/

Die Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Infektionstherapie (PEG) ist eine interdisziplinäre wissenschaftliche medizinische Fachgesellschaft, die sich der Verbesserung von Forschung und Lehre im Bereich der Infektionstherapie widmet. Die PEG ist Mitgliedsgesellschaft der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften.
Weitere Informationen.: https://p-e-g.org

Das Deutsche Netzwerk gegen Antimikrobielle Resistenzen (DNAMR) ist ein nicht kommerzieller Zusammenschluss von Organisationen, Institutionen, Unternehmen, juristischen und natürlichen Personen, die sich ehrenamtlich für die Entwicklung von neuen, resistenzbrechenden Antibiotika einsetzen. Vertreterinnen und Vertreter kommen von der BEAM-Alliance (Biotech companies in Europe combating AntiMicrobial resistance), vom Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF), dem Global AMR R&D Hub, der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie (DGI), der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie e.V. (DGPI), der Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Infektionstherapie e.V. (PEG), dem Verband forschender Pharma-Unternehmen (vfa) und vom Zentrum für Sepsis und Infektionsforschung, Universitätsklinikum Jena. Das Ziel des DNAMR ist es, die Politik zu motivieren, das gesamte ökonomische System der Erforschung und Entwicklung neuer Antibiotika so zu stärken, dass in den nächsten 15 Jahren zehn bis fünfzehn neue Antibiotika entwickelt und auf den Markt gebracht werden.
Weitere Informationen: https://dnamr.de/

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