Neue Perspektiven für Patientinnen und Patienten: Nationale Strategie für gen- und zellbasierte Therapien

Zellkulturen im Inkubator.

© HMGU

Rund 150 Experten und Expertinnen aus unterschiedlichen Stakeholdergruppen – darunter etliche Wissenschaftler:innen aus dem Netzwerk des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) – haben einen Fahrplan zur Verbesserung der Krankenversorgung und Stärkung des Standorts Deutschland im Bereich der gen- und zellbasierten Therapien entwickelt. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hatte das Berlin Institute of Health (BIH) in der Charité mit der Koordination und Moderation der Entwicklung der Strategie beauftragt. Bei der Übergabe der Nationalen Strategie für gen- und zellbasierte Therapien an die Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger am 12. Juni im Futurium in Berlin waren etwa 250 Akteure aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft aus ganz Deutschland zugegen. 

Gen- und zellbasierte Therapien (Gene and Cell-based Therapies, GCT) sind Schlüsseltechnologien für Innovationen in der biomedizinischen Forschung und Krankenversorgung. Sie greifen nicht nur krankheitsmodulierend oder beschwerdelindernd ein, sondern adressieren direkt die genetische Ursache des Krankheitsprozesses. So eröffnen sie vielversprechende Perspektiven für Patienten und Patientinnen mit schweren und sehr seltenen Erkrankungen, für die es bisher keine Therapie gibt.

Um den Zugang zu gen- und zellbasierten Therapien für Patient:innen zu verbessern und den Forschungs- und Innovationsstandort Deutschland im internationalen Wettbewerb zu stärken, hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Herbst 2022 das Berlin Institute of Health in der Charité (BIH) beauftragt, die Entwicklung einer Nationalen Strategie für gen- und zellbasierte Therapien zu koordinieren und zu moderieren. Diese Strategie wurde am 12. Juni im Futurium in Berlin an die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Bettina Stark-Watzinger, übergeben.

Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger: „Die Nationale Strategie für gen- und zellbasierte Therapien ist ein bedeutender Schritt, um Deutschlands Position als führenden Standort für biomedizinische Innovationen zu sichern und auszubauen. Unser erklärtes Ziel ist es, langfristig neue Behandlungsmöglichkeiten für Patientinnen und Patienten zu schaffen. Ich freue mich sehr, dass es gelungen ist, so viele Akteure aus unterschiedlichen Bereichen zusammenzubringen und gemeinsam die Nationale Strategie zu erarbeiten. Diese Zusammenarbeit von Wissenschaft, Wirtschaft, öffentlicher Hand und Gesellschaft ist ein wichtiger Schlüssel zum Erfolg. Ich bedanke mich bei allen involvierten Akteuren für das große Engagement. Mit dieser Aufbruchsstimmung sollten wir nun in einem nationalen Netzwerk gemeinsam weiter vorangehen.” 

Interdisziplinär ausgerichtete Maßnahmen in acht Handlungsfeldern

Die Nationale Strategie zeichnet sich vor allem durch ihre Entwicklung im Multi-Stakeholder-Ansatz aus, bei dem Perspektiven aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik, Gesellschaft und von Patient:innen einbezogen wurden. Insgesamt trugen über 150 Expert:innen – darunter Prof. Dr. Dirk Busch, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) und andere Wissenschaftler:innen im Verbund des DZIF – zur Ausarbeitung von konkreten Zielen und umzusetzenden Maßnahmen in acht Handlungsfeldern bei. Diese Handlungsfelder wurden vorab gemeinsam mit Stakeholdern aus verschiedenen relevanten Bereichen in Form von Diskussionen auf öffentlichen Veranstaltungen sowie durch die Möglichkeit der Abgabe schriftlichen Feedbacks erarbeitet und anschließend im Rahmen eines Runden Tisches final festgelegt. Sie umfassen folgende Themenbereiche:

I. Vernetzung und Unterstützung der Stakeholder

II. Ausbildung und Kompetenzstärkung

III. Technologietransfer

IV. Standards, Normen und regulatorische Rahmenbedingungen

V. Ausbau von Qualität und Kapazitäten im Bereich Good Manufacturing Practice (GMP)-Produktion

VI. Forschung und Entwicklung

VII. Marktzulassung und Übergang in die Versorgung

VIII. Interaktion mit der Gesellschaft

Die Strategie betont das enorme Potenzial des Zukunftsfelds GCT für die Krankenversorgung, die Gesundheitswirtschaft sowie den Pharma- und Innovationsstandort Deutschland. Dafür müssen allerdings Maßnahmen getroffen werden, die die Umsetzung von Ergebnissen aus der in Deutschland starken Grundlagenforschung in die klinische Praxis beschleunigen können und gen- und zellbasierte Therapien dabei gleichzeitig sicher, effizient, finanzierbar und breit zugänglich machen.

„Gen- und zellbasierte Therapien sind die Medizin der Zukunft. Sie werden es ermöglichen, schwere Erkrankungen mit Therapie zu behandeln, die passgenau auf die Patient:innen abgestimmt sind. Zugleich besteht großer Bedarf für konzertierte Forschung und Entwicklung bezüglich Fragen der Effizienz, Sicherheit und Gesundheitsökonomie. Das Strategiepapier dient zuvorderst künftigen Patient:innen in Deutschland. Die vergangenen Monate haben gezeigt, was möglich ist, wenn alle Beteiligten bereit sind, gemeinsam Verantwortung zu übernehmen: eine Strategie mit konkreten Maßnahmen, die nun von der Politik unterstützt und umgesetzt werden müssen. Das gelingt aus meiner Sicht nur, wenn föderiert statt föderal gedacht wird ”, sagt Prof. Dr. Christopher Baum, Vorsitzender des Direktoriums des Berlin Institute of Health in der Charité (BIH) und Sprecher der Nationalen Strategie für gen- und zellbasierte Therapien.

Wie geht es weiter mit der Nationalen Strategie für gen- und zellbasierte Therapien?

Die vorgeschlagenen Maßnahmen sollen nun in Zusammenarbeit aller Stakeholder Schritt für Schritt umgesetzt werden. Parallel zur Entwicklung der Strategie wurden bereits verschiedene Aktivitäten gestartet, wie zum Beispiel der Aufbau eines Nationalen Netzwerkbüros für Gen- und Zelltherapien, die Etablierung des bundesweiten Entrepreneurship-Programms GeneNovate, das Angebot für eine niederschwellige regulatorische Beratung sowie die Vorbereitungen für Personen- und Projektförderungen im Bereich GCT. Dabei hat das Netzwerkbüro den Auftrag, durch unabhängige, standortübergreifende Information und Vernetzung eine nationale GCT-Community aufzubauen, in der alle Stakeholder-Gruppen berücksichtigt sind.

„Gen- und zellbasierte Therapien stehen für eine bisher nicht vorhandene Lebensqualität vieler Menschen. Heute ist der Startschuss für den Aufbau eines starken GCT-Netzwerks in Deutschland und darüber hinaus. Wir freuen uns über das sehr große Interesse der verschiedenen Akteure bisher und darauf, die Vernetzung im Sinne unseres Auftrags weiter voranzutreiben und die gemeinsame Umsetzung der Maßnahmen zu unterstützen“, sagt Dr. Elke Luger, Leiterin des Nationalen Netzwerkbüros für Gen- und Zelltherapien.

Für die Gestaltung und Umsetzung der Maßnahmen der Strategie stehen im Zeitraum 2023-2026 insgesamt 48 Millionen Euro zur Verfügung, 90 Prozent vom Bund und 10 Prozent vom Land Berlin. Dr. Ina Czyborra, Senatorin für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege des Landes Berlin, sagt: „Die Nationale Strategie für gen- und zellbasierte Therapien ist ein Gesamtwerk an relevanten Perspektiven und zeigt das enorme Potential, um Forschung langfristig zu fördern und die Gesundheitsversorgung entscheidend zu verbessern. Der Berliner Senat hat diesen gemeinsamen Ansatz von Beginn an unterstützt. Wir freuen uns, unseren Teil dazu beizutragen, Deutschland zum führenden Standort für Biotechnologie auszubauen.”

Die Pressemitteilung des Berlin Institute of Health und Download-Links zur Nationalen Strategie für gen- und zellbasierte Therapien und den Expertengremien finden Sie hier.

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