Neuer antiviraler Hemmstoff für SARS-CoV-2 wird entwickelt
Die Suche nach wirksamen Medikamenten gegen das neue Coronavirus wird im Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) derzeit vorrangig unterstützt. Vielversprechend ist die Entwicklung eines Wirkstoffs, der das Virus an seiner Vermehrung hemmt. Angriffspunkt der DZIF-Wissenschaftler an der Universität Lübeck ist die Hauptprotease, ein wichtiges Enzym von SARS-CoV-2, das für die Virusvermehrung zuständig ist. Das Team um Prof. Dr. Rolf Hilgenfeld konnte vor kurzem die genaue Struktur aufklären und hat damit die Voraussetzungen für eine zielgenaue Entwicklung von Hemmstoffen geschaffen.
„Wenn es uns gelingt, dieses Enzym - die Hauptprotease - zu blockieren, können wir die Virusvermehrung unterbinden“, erklärt Prof. Dr. Rolf Hilgenfeld von der Universität Lübeck das Ziel seines Projekts. Seit 2013 arbeitet der Chemiker und Strukturbiologe an Hemmstoffen für Coronaviren und erforscht diese auch im DZIF. Anhand der Kristallstruktur der Hauptprotease konnte Hilgenfeld eine bereits früher entwickelte Leitverbindung in einen potenten Hemmstoff des neuen Coronavirus verwandeln. Diese Verbindung, ein alpha-Ketoamid, wurde von Dr. Katharina Rox am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig (HZI) untersucht, um die Halbwertszeit und die Stabilität weiter zu verbessern. Dr. Rox leitet dort die DZIF-Einheit für Pharmakokinetik und Pharmakodynamik (PK/PD).
Nun liegt ein Hemmstoff der zweiten Generation vor: RHCDS-13b ist in Mäusen nicht toxisch und verteilt sich in der Lunge als Zielorgan. Gute Voraussetzungen für die Weiterentwicklung zu einem Medikament, die nun in der aktuellen DZIF-Studie erfolgen soll. An der Uni Marburg konnten DZIF-Forscher Prof. Stephan Becker und sein Team bereits zeigen, dass die Wirksubstanz in menschlichen Calu3-Lungenzellen das neue Coronavirus hemmt. Die Lübecker wollen nun größere Mengen der Substanz synthetisieren lassen, um die pharmakokinetischen Eigenschaften bei höheren Konzentrationen zu testen.
Am HZI werden diese Tests von Dr. Katharina Rox durchgeführt werden, die auch schon bei der Optimierung der Hemmstoffe das Verhalten der Substanz in Mäusen getestet hat. Um das Verhalten zu bestimmen, wird sie sowohl intravenös als auch subkutan, also unter die Haut, und inhalativ verabreicht. „Wir können in diesen Versuchen unter anderem erkennen, ob sich der Hemmstoff gut in der Lunge verteilt, wo er bei einer Lungenerkrankung wie COVID-19 vor allem benötigt wird“, erklärt Dr. Rox.
Die Lübecker Wissenschaftler planen außerdem, weitere ähnliche Verbindungen, die sie bereits als sog. Back-up-Substanzen entworfen haben, zu synthetisieren und in gleicher Weise auf ihre antivirale Wirkung gegen SARS-CoV-2 zu testen. „Wir müssen unbedingt jetzt zu einer nachhaltigen Entwicklung von antiviralen Wirkstoffen kommen“, betont Rolf Hilgenfeld. Auch wenn die Hemmstoffe für diesen Ausbruch nicht mehr zur Verfügung stehen, sei ihre Entwicklung für zukünftige Ausbrüche von großer Bedeutung.