Translationaler Erfolg für das DZIF: US-Branchenriese Gilead sichert sich Hepcludex
Hepcludex (Bulevirtide) ist das erste Medikament gegen Hepatitis D, ein Virusblocker, den DZIF-Professor Dr. Stephan Urban vom Universitätsklinikum Heidelberg federführend entwickelt hat. Bereits in der präklinischen Phase sicherte sich das Biotech-Start-Up-Unternehmen MYR Pharmaceuticals die exklusiven Lizenzrechte und übernahm die klinische Entwicklung des Wirkstoffs bis zur Zulassung durch die europäische Arzneimittelbehörde EMA im Juli 2020. Nun akquiriert der amerikanische Pharmakonzern Gilead die MYR GmbH für insgesamt 1,45 Milliarden Euro – ein Beleg dafür, welches Potenzial in dem im DZIF mitentwickelten Hepatitis-D-Medikament steckt.
Das DZIF, das sich die Translation wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Klinik auf die Fahnen geschrieben hat, hat das Potenzial sehr früh erkannt, den Wirkstoffkandidaten bis zum Einsatz als Medikament weiterentwickeln zu können und sich schon 2012 an den präklinischen Untersuchungen beteiligt. „Zwei Jahre später folgte ich dann dem Ruf auf eine DZIF-Professur, denn für mich war das die einzigartige Möglichkeit, als Forscher die Entwicklung von Hepcludex bis zur Marktreife am Universitätsklinikum Heidelberg zu begleiten“, so Prof. Dr. Stephan Urban.
Für die Patienten, die an Hepatitis D leiden, eröffnen sich mit dieser Unternehmens-Übernahme neue und erfreuliche Perspektiven: Gilead ist auf die Entwicklung und Vermarktung von Wirkstoffen zur Behandlung verschiedener viraler Lebererkrankungen (Hepatitis B und Hepatitis C) spezialisiert. Hepcludex ergänzt das Portfolio des US-Pharmariesen um die Indikation Hepatitis D, für die ein dringender medizinischer Bedarf besteht. Hepatitis D gilt als besonders aggressiv und kann schnell zu Leberzirrhose oder zu Leberkrebs führen. Eine Lebertransplantation war deshalb bislang oft die einzige Überlebenschance für die Betroffenen. Klinische Studien haben gezeigt, dass Hepcludex gut verträglich ist, sehr effektiv die Vermehrung von Hepatitis-D-Viren in der Leber hemmt und zu einer deutlichen Verbesserung der Leberfunktion führt.
Eine Hepatitis-D-Infektion kommt nur als Co-Infektion mit einer Hepatitis-B-Virus-Infektion vor; Hepatitis-B- und Hepatitis-D-Viren tragen die gleiche Hülle – die Stelle, an der Hepcludex angreift. Auch Hepatitis B ist bisher nicht heilbar. In den aktuellen klinischen Untersuchungen wurden bei Kombination von Hepcludex mit Interferon auch einige Patienten von Hepatitis-B-Viren befreit. Dies weckt Hoffnung auf ein weiteres, mögliches Potenzial des Wirkstoffs in Bezug auf Heilungschancen der Hepatitis B.
Hepatitis D – eine tückische Infektionskrankheit
Hepatitis D ist eine Leberentzündung, die durch das Hepatitis-D-Virus (HDV) ausgelöst wird und sich anfangs durch Symptome äußert, die nicht eindeutig auf die Krankheit hinweisen: Die Patientinnen und Patienten fühlen sich krank, haben keinen Appetit und verspüren einen Druck im Oberbauch. Erst nach einiger Zeit kommt es zur typischen Gelbsucht, die Leber erleidet nach und nach schwere Schäden, sogar Leberkrebs kann sich entwickeln.
Rund 25 Millionen Menschen sind weltweit mit HDV infiziert – Hot Spots sind die Mongolei, Pakistan, Russland, Balkan, Brasilien, Süditalien, Zentralafrika und der vordere Orient; in Deutschland kommt Hepatitis D deutlich seltener vor. Nach Schätzungen sind etwa 6.000 Menschen betroffen, im Jahr 2018 wurden laut Robert Koch-Institut 59 neue Hepatitis-D-Virus-Infektionen gemeldet. Grund hierfür ist, dass zu wenige Patientinnen und Patienten auf Hepatitis D getestet werden.