Welt-Tuberkulose-Tag 2023 unter dem Motto: Ja! Wir können die Tuberkulose beenden!
Jährlich sterben nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) circa 1,5 Millionen Menschen an Tuberkulose (TB), einer Erkrankung der Lunge, die durch das Mycobacterium tuberculosis hervorgerufen wird. Besonders betroffen sind auch Menschen mit einem geschwächten Immunsystem wie HIV-Infizierte. Die Bekämpfung der Krankheit und die Eindämmung ihrer weltweiten Verbreitung stellen die Tuberkulose-Forschung vor eine Reihe von Herausforderungen: Es fehlen wirksame Impfungen und Medikamente gegen TB; immer häufiger treten resistente und multiresistente Keime auf, gegen die nur noch wenige Antibiotika helfen; dringend benötigt werden auch Biomarker, mit denen der Erfolg einer individuellen Behandlung verlässlich prognostiziert bzw. überwacht werden kann.
Der Welt-Tuberkulose-Tag wird jedes Jahr am 24. März begangen, um den Tag im Jahr 1882 zu markieren, an dem das Tuberkulose verursachende Bakterium entdeckt wurde. Im Folgenden finden Sie Beispiele aus der Tuberkulose-Forschung im DZIF, in denen unsere Wissenschaftler:innen maßgeblich zur Erkennung und Bewältigung dieser Herausforderungen beigetragen haben.
Impfstoffe, Therapien, Wirkstoffe und Antibiotikaresistenzen
BCG-Tuberkuloseimpfung nur im frühen Kindesalter wirksam
Die nach ihren Entdeckern Bacillus Calmette-Guérin (BCG)-genannte Tuberkuloseimpfung schützt wirkungsvoll Kinder unter drei Jahren gegen Lungen-Tuberkulose und Kinder unter fünf Jahren gegen alle Formen der Tuberkulose. Im Gegensatz dazu ist der Impfschutz aber bei Jugendlichen und Erwachsenen nicht mehr ausreichend vorhanden, wie eine großangelegte systematische Studie unter Beteiligung des DZIF zeigte.
Mehr zu der großangelegten Studie finden Sie hier.
Ein neuer Wirkstoff gegen Tuberkulose
Die WHO setzt große Hoffnungen auf die Entwicklung von Medikamenten, die auf neuen Wirkstoffen basieren. Die von Forschenden im DZIF und in dem Konsortium UNITE4TB entwickelte Substanz BTZ-043 ist so ein neuer Wirkstoff, der bereits klinisch getestet wird.
Einzelheiten zum Projekt finden Sie hier.
Langzeittherapie der multiresistenten Tuberkulose besser als gedacht
In manchen Ländern Osteuropas, z. B. Moldau, Weißrussland, Ukraine oder Russland, sind mehr als ein Drittel aller Tuberkulose-Patientinnen und -Patienten mit multiresistenten Bakterien infiziert, bei denen die besten Medikamente der Standardtherapie nicht mehr wirksam sind. Eine Langzeitstudie konnte zeigen, dass der Therapieerfolg bei Patient:innen mit multiresistenter Tuberkulose tatsächlich sehr viel höher liegt als von der WHO bisher angenommen.
Mehr zur Studie finden Sie hier.
Antibiotikaresistenzen: Tuberkulose-Therapie am Limit?
Die Entwicklung von Antibiotikaresistenzen erschwert zunehmend die Behandlung der Tuberkulose. Besonders schwer betroffen sind Patientinnen und Patienten, die an einer multiresistenten Tuberkulose (MDR-TB) erkrankt sind. In einem besonders komplizierten Fall haben die Ärzte der Medizinischen Klinik Borstel, Leibniz Lungenzentrum, einen Patienten, der gegen praktisch alle Tuberkulose-Medikamente resistent war, erstmals mit außergewöhnlich hohen Dosierungen behandelt.
Der besonders komplizierte Fall von Antibiotika-resistenter Tuberkulose ist hier dargelegt.
Personalisierte Prognose und Überwachung des Therapieerfolgs
Tuberkulose: Molekulare Vorhersage von Antibiotikaresistenzen für eine maßgeschneiderte Therapie
Obwohl wirksame Therapien für fast alle Patient:innen verfügbar wären, werden Antibiotikaresistenzen der Tuberkulosebakterien in den meisten Fällen nicht erkannt. In einem Konsens-Dokument hat ein internationales Expertengremium erarbeitet, wie Veränderungen im Erbgut der Tuberkulosebakterien zu interpretieren sind, um daraus maßgeschneiderte Therapien für Patient:innen mit multiresistenter Tuberkulose abzuleiten.
Mehr zum Konsens-Dokument finden Sie hier.
Personalisierte Antibiotika-Behandlungsstrategien bei Tuberkulose-Erkrankten
Mutationen im Erbgut von M. tuberculosis-Bakterien, die in Verbindung mit Antibiotikaresistenzen stehen, kommen bei multiresistenten Tuberkulose-Patient:innen in unterschiedlichen Kombinationen vor. Die Identifizierung bestimmter Mutationen im Bakterien-Genom ermöglicht daher potenziell eine Vorhersage darüber, welche Antibiotika bei einem Patienten noch wirken, beziehungsweise, ob die Dosis erhöht werden sollte.
Einzelheiten zu der Studie finden Sie hier.
Multizentrische Studie zu extrapulmonaler Tuberkulose
Knapp 30 Prozent der Tuberkuloseerkrankungen in Deutschland betreffen extrapulmonale Organe wie Lymphknoten, Knochen oder das Gehirn. Diese Form der Tuberkulose ist schwer zu behandeln und wurde wissenschaftlich bislang vernachlässigt. Ziel einer multizentrischen und prospektiven Studie des DZIF war es, Biomarker für die extrapulmonale Tuberkulose zu identifizieren, um so Risikofaktoren für ihre Entwicklung zu erkennen und eine Biomarker-gestützte Behandlung der Patienten zu ermöglichen.
Details zur Studie finden Sie hier.
Diagnostischer Biomarker zur Früherkennung von aktiver Tuberkulose bei HIV-Infizierten
Spezifische Biomarker im Blut können sechs bis zwölf Monate früher auf eine beginnende Tuberkulose bei HIV-Infizierten hinweisen als eine TB-Diagnose per Sputum. Die frühzeitige Diagnose per blutbasierten Biomarkern gefolgt von medizinischer Behandlung könnte so das Fortschreiten und die Übertragung der Erkrankung verhindern.
Mehr zu der Längsschnittstudie finden Sie hier.
Tuberkulose: Verschiedene Immunitätstypen bestimmen den Krankheitsverlauf
Während das Immunsystem mancher Tuberkulose-Patient:innen sehr stark auf die Infektion reagiert und durch eine überschießende Entzündung irreversible Gewebe- und Organschäden verursacht, ist die Immunantwort anderer offenbar zu gering ausgeprägt, um die Infektion zu überwinden und die Bakterien abzutöten. Einem internationalen Forschungsteam gelang es, unterschiedliche Immunantworten von Tuberkulosepatienten zu charakterisieren und Gruppen an Erkrankten zu identifizieren, die eine sehr geringe oder eine sehr starke Immunantwort auf den bakteriellen Erreger zeigten. Durch diese Eingruppierung könnte die personalisierte Therapie in Zukunft maßgeblich verbessert werden.
Details zur Studie finden Sie hier.