Wie ein Ebola-Impfstoffkandidat unser Abwehrsystem ankurbelt
Bereits 2016 konnte die klinische Phase-I-Prüfung eines potenziellen Impfstoffs gegen das gefürchtete Ebola-Virus erfolgreich abgeschlossen werden. Die getestete Vakzine „rVSV-ZEBOV“ hat sich darin als sicherer und wirksamer Impfstoff erwiesen. Nun haben DZIF-Wissenschaftler am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) erstmals in einer weiteren Studie zeigen können, wie unser Immunsystem im Einzelnen auf den Impfstoff reagiert. Ein weiterer wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem zugelassenen Impfstoff.
“Neben der Bildung von Antikörpern entwickeln sich nach einer Impfung Ebola-spezifische T-Zellen. Zusätzlich wird nach dem Kontakt zu dem Ebola-Glykoprotein eine Vielzahl von Botenstoffen zur Immunabwehr ausgeschüttet“, erklärt Christine Dahlke, DZIF-Wissenschaftlerin am UKE Hamburg-Eppendorf und Erstautorin der aktuellen Studie. Die umfangreichen Daten zeigen, dass eine stärkere Immunantwort bei der höchsten eingesetzten Dosis von 20 Millionen PFU (2x10 hoch7 plaque forming units) induziert wird. Ein wichtiger Aspekt für den geplanten Lizenzierungs-Prozess, der in diesem Jahr über die Firma MSD abgeschlossen werden soll. Die durch die Vakzine erworbene Immunantwort kann den Menschen neben Antikörpern auch durch Ebola-spezifische T-Zellen schützen, die zum Beispiel infizierte Zellen erkennen und eliminieren. Während Antikörper-Antworten schnell über das Serum nachgewiesen werden, ist die Untersuchung von Ebola-spezifischen T-Zellen weitaus komplexer und umfangreicher.
Die schnelle Entwicklung eines Impfstoffs gegen Ebola
Als die WHO die Ebola-Epidemie im August 2014 zum internationalen Gesundheitsnotfall erklärte, arbeitete das Deutsche Zentrum für Infektionsforschung bereits an einem Impfstoff gegen Ebola. Die Vakzine „rVSV-ZEBOV“ wurde seit November 2014 in einer klinischen Phase-I-Prüfung in vier unabhängigen Studien getestet. Eine davon wurde am UKE in Hamburg-Eppendorf durchgeführt, geleitet von DZIF-Professorin Marylyn Addo. Sie und alle weiteren beteiligten Wissenschaftler sind Teilnehmer von VEBCON, eines von der WHO gegründeten Experten-Konsortiums, dessen Ziel die rasche und koordinierte klinische Testung der Ebola-Vakzine ist.
Rund zwei Jahre später steht der Impfstoffkandidat bereits kurz vor der Lizenzierung durch die amerikanische Behörde FDA. Doch bisher war nicht klar, welche Immunantworten zum Schutz gegen Ebola induziert werden. „Wir wussten zunächst vor allem, dass spezifische Antikörper gegen das Virus gebildet werden und dass diese auch nach sechs Monaten noch nachweisbar waren“, erklärt Marylyn Addo. Antikörper tragen wahrscheinlich maßgeblich zum Schutz bei.
Was die Wissenschaftler allerdings noch nicht wussten, war inwieweit auch der andere Arm unseres erworbenen Immunsystems – die sog. T-Zellen – beteiligt sind. Werden Ebola-spezifische T-Zellen nach einer Impfung gebildet? Und wie reagiert das Immunsystem auf Proteine des Ebola-Virus? Werden Botenstoffe aktiv? Wird das Immunsystem auch nach drei bis sechs Monaten angekurbelt, wenn es Ebola-Proteine erkennt?
Aktuelle Studie
Diese Wissenslücke konnten die Forscher um Addo nun anhand der Proben, die während der klinischen Phase-I-Studie in Hamburg bei 30 gesunden Versuchsteilnehmern genommen wurden, schließen. In Hamburg wurden drei verschiedene Dosierungen von rVSV-ZEBOV getestet (zehn Probanden pro Dosis-Gruppe). Die Wissenschaftler erstellten ein sog. Immunprofil, das die erworbene Immunantwort im Detail mit Blick auf unterschiedliche Dosierungen aufzeigt.
„Versuchsteilnehmer, die den Impfstoff in der höchsten eingesetzten Dosierung erhielten, bildeten T-Zellen, die sich spezifisch gegen das Ebola-Glykoprotein richteten, das im Impfstoff verwendet wird“, erklärt Christine Dahlke. Bei einer Ebola-Infektion können diese T-Zellen eine infizierte Zelle erkennen und einen Zelltod, die sogenannte Apoptose, einleiten. Es wurde außerdem eine Kaskade von Signalmolekülen und Botenstoffen in Gang gesetzt, die Immunzellen aktivieren und somit die Virus-Vermehrung im infizierten Menschen hemmen kann. „Dieses Wissen über die genauen Abwehrprozesse bei verschiedenen Dosierungen ist sehr wichtig für die ideale Dosisfindung und wird Einfluss haben, wenn der Impfstoff zum Einsatz kommt“, erklärt Dahlke. Die Wissenschaftler sind zuversichtlich, dass ihre Untersuchungen dazu beitragen, dass die Mediziner bei einem nächsten Ausbruch eines Ebola-Virus besser gewappnet sind.
Hintergrund
Bei der verwendeten Vakzine rVSV-ZEBOV handelt es sich um ein abgeschwächtes, gentechnisch verändertes Vesikuläres Stomatitis-Virus (VSV), das ein Oberflächenprotein, das Glykoprotein, des Ebola-Virus trägt. Die Entwicklung des Impfstoffkandidaten wurde von der WHO im Rahmen von VEBCON begleitet. Das Deutsche Zentrum für Infektionsforschung hat die Vorbereitung der Studien am UKE in Hamburg und in Gabun unterstützt und eine Anschubfinanzierung zur Verfügung gestellt, das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) sowie der britische Wellcome Trust haben die Fördermittel für die Vorbereitung und Durchführung der klinischen Prüfung zur Verfügung gestellt. Der Impfstoffkandidat wurde von der kanadischen Gesundheitsbehörde an die WHO gespendet und von dieser für die Studien zur Verfügung gestellt.