Abdomineller und thorakaler Ultraschall für die Diagnostik der pulmonalen und extra-pulmonalen Tuberkulose
Kinder sowie HIV-positive Erwachsene leiden häufig an extrapulmonaler Tuberkulose (TB). Aufgrund der geringen Sensitivität der mikrobiologischen TB-Routinetests ist es oft schwierig, eine Bestätigung für die mykobakterielle Erkrankung zu erhalten. Als vielversprechende Methode für die Diagnose und das Monitoring verschiedenster Infektionskrankheiten etabliert sich zunehmend der sogenannte Point-Of-Care Ultraschall (POC-US). Bisherige Erfahrungen mit POC-US weisen darauf hin, dass die Methode helfen könnte, die klinische Entscheidungsfindung bei der Behandlung pulmonaler und extrapulmonaler TB zu unterstützen. Mittels einer prospektiven, multizentrischen Kohorten-Studie soll daher die diagnostische Genauigkeit von abdominalem und thorakalem Ultraschall bei Erwachsenen mit vermuteter oder aktuell behandelter TB untersucht werden.
Im Jahr 2018 wurden weltweit 10 Millionen Fälle von TB gemeldet und 1,5 Millionen Todesfälle verzeichnet. Insbesondere bei Kindern und HIV-positiven Menschen, die häufig an extrapulmonaler TB leiden, ist es aufgrund der geringen Sensitivität der mikrobiologischen Routinetests oft schwierig, eine Bestätigung für die mykobakterielle Erkrankung zu erhalten. Für die Überwachung des Behandlungserfolgs bei pulmonaler TB sind die Mikroskopie des Sputum-Abstrichs oder die Umwandlung der Sputum-Kultur – von Mykobakterien-positiv zu -negativ – schlechte Indikatoren, und für extrapulmonale TB wurden bisher im Wesentlichen keine Instrumente zur Behandlungsüberwachung validiert. Um die klinische Entscheidungsfindung zu unterstützen, die diagnostische Lücke der nicht-diagnostizierten Personen zu schließen und Überbehandlungen zu vermeiden, werden daher weitere – vorzugsweise Sputum-freie – Tests und Diagnosealgorithmen benötigt.
Die Ultraschalluntersuchung am Behandlungsort (Point-Of-Care Ultraschall – POC-US) ist ein Diagnoseinstrument, das außerhalb der radiologischen Abteilungen und von den Ärzten, die die Patienten betreuen, am Ort der Behandlung eingesetzt werden kann. In Ländern südlich der Sahara mit hoher TB-Prävalenz oder -Inzidenz bei HIV-positiven Erwachsenen hat sich das POC-US-Protokoll „Focused-Assessment with Sonography for HIV-associated tuberculosis" (FASH) als vielversprechend erwiesen. Das Protokoll bewertet extrapulmonale Manifestationen der TB und wurde speziell für HIV-assoziierte TB entwickelt. Studien zur diagnostischen Genauigkeit von FASH sind jedoch begrenzt. Daher ist eine weitere Validierung erforderlich, um die diagnostische Genauigkeit von FASH für extrapulmonale TB bei Menschen, die mit HIV leben, anhand eines umfassenden Referenzstandards zu ermitteln.
Eine weitere mögliche Anwendung von POC-US ist der Lungenultraschall (LUS) zur Differenzialdiagnose von TB der Lunge beziehungsweise des Brustfells, für die jeweils spezifische sonographische Merkmale beschrieben wurden. Bisher liegen aber noch keine Daten über die Spezifität und Sensitivität des LUS mit einem speziellen TB-Protokoll vor.
Sonographische Merkmale der Tuberkulose, die durch FASH oder LUS festgestellt werden, können für die Beurteilung des therapeutischen Ansprechens und Therapieüberwachung von Nutzen sein. Mittels einer POC-US-Folgeuntersuchung (mittels FASH und/oder LUS) kann ein unzureichendes Ansprechen auf die Behandlung erkannt und weitere Untersuchungen, beispielsweise zur Mykobakterienresistenz, veranlasst werden. Bei ausreichendem Nachweis der Effektivität von POC-US für die TB-Diagnose könnte es auch sinnvoll sein, künstliche Intelligenz (KI) für die Befundinterpretation in Betracht zu ziehen, um den Mangel an medizinischem Personal mit sonographischem Fachwissen in Einrichtungen mit begrenzten Ressourcen auszugleichen. Mehrere Unternehmen arbeiten bereits daran, KI-Interpretation bei POC-US-Befunden zu ermöglichen.
In der vorgeschlagenen multizentrischen Studie wollen wir die Durchführbarkeit und Genauigkeit von TB-fokussierten POC-US-Modulen für die Diagnose von TB im Vergleich zu einem umfassenden, vom HIV-Status unabhängigen Referenzstandard in drei klinischen Zentren in Deutschland und Indien bewerten. Darüber hinaus werden wir den Einsatz von POC-US für die Behandlungsüberwachung sowie die Durchführbarkeit und Genauigkeit von KI bei der Interpretation von POC-US-Modulen untersuchen. Die Studie in Deutschland wird in erster Linie der Beantwortung der explorativen Fragen dienen, während die Studie in Indien eine Bewertung des auf TB fokussierten POC-US in einer repräsentativen und unvoreingenommenen Patientenpopulation ermöglichen soll.