Projekt

Entwicklung von Corramycin als Antibiotikum gegen gramnegative Bakterien

Kurzbeschreibung

Gramnegative Bakterien sind aufgrund ihrer zusätzlichen äußeren Membran von Natur aus gegen viele Antibiotika unempfindlich. Zusätzlich haben die Bakterien in den letzten Jahrzehnten Resistenzen gegen klinisch eingesetzte Antibiotika erworben, sodass multiresistente Bakterien entstanden sind. Um diesen bestehenden Resistenzen entgegenzuwirken, werden neue Klassen an Antibiotika benötigt. Seit über 50 Jahren wurde jedoch keine neue Antibiotikaklasse gegen gramnegative Bakterien zugelassen. Corramycin ist ein Naturstoff aus Myxobakterien, der selektiv gegen gramnegative Erreger wirkt. Aufgrund seiner einzigartigen Struktur und seines neuartigen Wirkmechanismus zeigt Corramycin vielversprechende Eigenschaften, insbesondere keine Kreuzresistenz gegenüber klinisch genutzten Antibiotika. Zudem konnte die In-vivo-Aktivität bereits in Mausstudien belegt werden. Derzeit arbeiten wir an der Aufklärung des Wirkmechanismus sowie der verbesserten Produktion der Substanz. Durch chemische Optimierung soll letztendlich ein neuer präklinischer Kandidat gewonnen werden.

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Corramycin ist ein strukturell einzigartiger Naturstoff, der aus dem Myxobakterium Corallococcus coralloides isoliert wurde. Das Molekül zeigt Aktivität gegen gramnegative Bakterien der Familie der Enterobacteriaceae, einschließlich multiresistenter Isolate. Das enge Wirkspektrum von Corramycin resultiert aus der Nutzung spezifischer Transportersysteme, die Corramycin gezielt in seine Zielpathogene einschleust. Dies hat den Vorteil, dass der Selektionsdruck auf Off-Target-Pathogene reduziert wird und das Antibiotikum weniger schädliche Auswirkungen auf das Mikrobiom hat. Corramycin besitzt ein strukturell einzigartiges Grundgerüst und einen neuartigen Wirkmechanismus, wodurch es bereits existierende Resistenzen überwindet. Corramycin wirkt rasch bakterizid, wodurch sich der Naturstoff, trotz kurzer Halbwertszeit in vivo, in einem Maus-Peritonitismodell als wirksam erwies. Hervorzuheben sind weiterhin die geringe Resistenzentwicklung in vivo und das exzellente Sicherheitsprofil. 

Wissenschaftler:innen des Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS) haben mehrere Jahre mit Sanofi und Evotec an der Modifizierung des Corramycin-Gerüsts gearbeitet. Durch die Einführung einer Siderophor-Komponente ist es Evotec gelungen, das antibakterielle Spektrum von Corramycin zu erweitern und die Aktivität gegen gramnegative Bakterien erheblich zu steigern. Aufgrund der pharmazeutischen Eigenschaften des präklinischen Kandidaten wurde der Wirkstoff für die Behandlung von Harnwegsinfektionen entwickelt. Evotec hat das Projekt jedoch letztendlich eingestellt, da große Mengen der Substanz, die für klinische Studien benötigt werden, derzeit nicht zu ökonomisch attraktiv erscheinenden Bedingungen herstellbar sind.

Aktuell arbeiten Forschende des HIPS daran, die Produktion von Corramycin zu steigern. Dies erfolgt zum einen durch die Optimierung des Fermentationsprozesses und der heterologen Expression, und zum anderen durch eine optimierte Totalsynthese, die auch die Synthese von Derivaten erlaubt. Zudem wird der Wirkmechanismus weiter aufgeklärt und umfangreiche Studien zur Targetidentifizierung durchgeführt. Im Rahmen einer Multiparameteroptimierung soll schließlich ein geeigneter optimierter Kandidat für weiterführende Studien identifiziert werden.