Projekt

Reduktion und Eliminierung von HIV-Reservoirs

Kurzbeschreibung

Die Entwicklung wirksamer antiretroviraler Therapiestrategien (ART) hat entscheidenden Einfluss auf die HIV/AIDS-Pandemie genommen: Für infizierte Personen mit Zugang zur Versorgung nimmt die Infektion einen zwar chronischen, aber nicht mehr tödlichen Verlauf. Doch trotz der bahnbrechenden Fortschritte in der Anti-HIV-Behandlung sind Heilungs- oder gar Eliminierungsversuche bisher gescheitert. Sobald HIV eine Infektion etabliert hat, besteht das Virus als integrierte komplementäre DNA im Genom der Wirtszelle in einer kleinen Population von Zellen fort. Obwohl diese dauerhaft infizierten Zellen bei Personen unter ART selten sind, bleibt die Anzahl im weiteren Verlauf recht stabil. Eine Unterbrechung der Therapie führt zu einem Wiederanstieg der Viren im Blut. Daten aus Tiermodellen deuten darauf hin, dass bereits in den ersten Tagen der akuten Infektion ein HIV-Reservoir etabliert wird, das nur durch einen sehr frühen Start der ART minimiert werden kann.

Latent infizierte Zellen, die HIV-DNA beherbergen, exprimieren wenig oder keine virale RNA und virale Proteine. Dadurch bleiben sie typischerweise außerhalb der Reichweite der Immunüberwachung. Strategien, die darauf abzielen, das latente Virus zu reaktivieren und dadurch die Beseitigung dieses Reservoirs durch das Immunsystem zu erleichtern, sind bisher gescheitert.

Das latente Virusreservoir in Gedächtnis- und naiven, ruhenden CD4-T-Zellen stellt einen kleinen Pool von Zellen dar, die HIV-1-Proviren beherbergen können. Letztere können ursächlich für einen Virusanstieg nach Absetzen der Therapie sein. Wie diese Latenz jedoch zustande kommt, welche Zelltypen insgesamt das latente Reservoir ausmachen und wie die Latenz überwunden werden kann, ist bislang noch unzureichend geklärt.

Eine erfolgreiche Heilungsstrategie zu entwickeln, erfordert die Entschlüsselung der Mechanismen, die HIV-1-Proviren in einem latenten Zustand halten. Auch muss weiter erforscht werden, wie sich die HIV-1-Proviren-tragenden CD4-T-Zellen vermehren, die ebenfalls den Zerfall des Reservoirs verlangsamen. Entscheidende Schritte auf dem Weg zur Heilung bestehen weiterhin darin, das latente Reservoir bei HIV-infizierten Personen zu identifizieren, selektiv zu bekämpfen und schließlich zu beseitigen.

Wahrscheinlich muss eine Kombination aus effektiven immunologischen, pharmakologischen und/oder genetischen Ansätzen entwickelt werden, um das HIV-Reservoir zu eliminieren. Bislang mangelt es an experimentellen Ansätzen zur genetischen Manipulation ruhender CD4-T-Zellen im Rahmen von Studien, in denen die bisher identifizierten Biomarker funktionell validiert werden können. Auch eine geringe Effizienz der RNA-Interferenz oder hohe Toxizität stellen große Probleme dar für die Untersuchung spezifischer zellulärer Faktoren bei der Regulierung der Empfänglichkeit für das Virus, der angeborenen Erkennung der Infektion, der Etablierung der Latenz sowie der HIV-Reaktivierung. Daher ist es wichtig, grundlegend neue experimentelle Ansätze zu entwickeln.

Im Rahmen des Projekts "Reduktion und Eliminierung von HIV-Reservoirs" haben wir drei Hauptziele in einer Bench-to-Bedside-Pipeline zur HIV-Heilung definiert:

  1. Wir wollen innovative Methoden und molekulare Erkenntnisse entwickeln bzw. anwenden, um die zellulären und viralen Mechanismen der HIV-1-Persistenz, Latenz und Reaktivierung zu verstehen und um herauszufinden, wie diese Reservoirs identifiziert und durch oberflächenexponierte Biomarker oder durch arzneimittelwirksame Stoffwechselmerkmale in vitro, in ex-vivo-Modellen und in Tiermodellen mit lentiviraler Infektion gezielt bekämpft werden können.
  2. Darauf aufbauend wollen wir diese Erkenntnisse in klinische Beobachtungsstudien übertragen, um spezifische Signaturen des HIV-Reservoirs weiter zu validieren, vielversprechende Interventionsansätze zu entwerfen und zu entwickeln und mindestens einen dieser Ansätze in die Klinik zu bringen, um das latente Reservoir selektiv anzugehen und schließlich zu eliminieren.
  3. Um schließlich die Natur des latenten Reservoirs bei HIV-Patienten weiter zu charakterisieren, werden wir die Orte der HIV-Persistenz und -Replikation in Geweben und Zellen von verstorbenen, langfristig antiretroviral behandelten (ART) HIV-infizierten Personen in einem "Ganzkörper-Reservoir"-Ansatz sowie in ausgewählten Kompartimenten in Patientenkohorten mit akuter HIV-Infektion umfassend bestimmen und quantifizieren.