Einfluss von Antibiotikagabe und Infektionskontrollmaßnahmen auf die Verbreitung von Vancomycin-resistenten Enterokokken (AEGON)
Aktuelle Untersuchungen zeigen, dass es in den letzten Jahren in Deutschland zu einer zunehmenden Verbreitung von Vancomycin-resistenten Enterokokken (VRE) bei Krankenhauspatienten gekommen ist. Enterokokken kommen zahlreich im Darm von Mensch (und Tier) vor und sind im Allgemeinen nur wenig krankheitserregend. Für immungeschwächte Patienten stellen Infektionen durch diese resistenten Erreger jedoch eine unmittelbare Bedrohung dar: Liegt eine Infektion vor, reduzieren sich die zur Verfügung stehenden Therapieoptionen, was schlechtere Behandlungsergebnisse und eine längere Krankheitsdauer nach sich ziehen kann. Im Rahmen des Projekts „AEGON“ werden intensivierte Infektionskontroll- und Antibiotic-Stewardship-Maßnahmen untersucht, die das Auftreten von Infektionen durch VRE verringern sollen.
Daten aus vorangegangenen Studien des DZIF (zum Beispiel aus dem Projekt "R-NET") deuten auf eine rasche Verbreitung von Vancomycin-resistenten Enterokokken, insbesondere Enterococcus faecium (VREf) in deutschen Krankenhäusern hin.
Gesunde Personen kommen hauptsächlich über die Nahrungskette, kontaminiertes Trinkwasser oder Tiere in Kontakt mit VREf. Kommt es zu einer intestinalen Kolonisation – also einer Besiedlung des Darms – mit diesen Erregern, führt die gleichzeitige Gabe von Antibiotika zu einem erhöhten Selektionsdruck: Während empfindliche Bakterien abgetötet werden, können sich die resistenten Bakterien unter einer antibiotischen Behandlung ungehindert vermehren. Die Erregerdichte kann dann so stark zunehmen, dass es zu einer "Domination" des Mikrobioms kommt. Diese sehr hohe Erregerlast geht bei immungeschwächten Patienten mit einem erhöhten Risiko für das Auftreten von Blutstrominfektionen einher. Auch die Ansteckung weiterer Patienten wird dadurch wahrscheinlicher.
Es wird angenommen, dass Infektionskontroll- (IC) und Antimicrobial-Stewardship (AMS)-Maßnahmen wirkungsvolle Interventionen darstellen, um die Abfolge von Kolonisation, Domination und nachfolgender Infektion zu unterbrechen.
IC-Maßnahmen fokussieren insbesondere auf eine Verbesserung der Reinigung und Desinfektion der Patientenzimmer, eine verbesserte Händehygiene sowie die Kontaktisolation von Patienten. Bei AMS-Interventionen steht die nachhaltige Förderung eines rationalen Einsatzes von Antibiotika zur Verminderung des Selektionsdrucks im Vordergrund.
Unzureichendes Verständnis der Wirkungsweise sowie mangelnde Priorisierungsmöglichkeiten der einzelnen IC- und AMS-Maßnahmen führen zu unterschiedlichen Empfehlungen und fortgesetzten Ausbruchsereignissen, welche Patienten durch Vancomycin-resistente Enterococcus faecium-Erreger gefährden. Ein tiefergehendes Verständnis der Epidemiologie von diesen Ausbrüchen ist daher unbedingte Voraussetzung dafür, Präventionsmaßnahmen erfolgreich zu entwickeln und zu implementieren.
Im Rahmen dieser Studie soll eine detaillierte Analyse der Faktoren ermöglicht werden, die an der Verbreitung von VREf beteiligt sind. Zudem sollen Antibiotikatherapien hinsichtlich der Verordnungsqualität sowie des Einflusses auf die Kolonisation und Domination dieser Bakterien beurteilt werden. Die Studie beinhaltet daher zwei Teile, die an allen beteiligten Studienstandorten durchgeführt werden und bei denen zwei verschiedene Patientenkohorten eingeschlossen sind.
- In Teil 1 steht die Gewinnung und Analyse von Rektalabstrichen von neu aufgenommenen VREf-negativen Patienten mit hohem Risiko für eine nosokomiale VREf-Akquisition sowie die Beurteilung erfolgter Antibiotikatherapien im Vordergrund.
- Im Rahmen von Teil 2 sollen Umgebungsuntersuchungen in neu belegten Einzelzimmern von Patienten durchgeführt werden, die bereits VREf-positiv sind. Zusätzlich erfolgt eine Dokumentation von Daten zur Antibiotikaexposition dieser Patienten, um Zusammenhänge zwischen Antibiotikagabe und VREf-Kontaminationslast zu ermitteln.